Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Koalitionä­re streiten um Wohnsitzau­flage für Flüchtling­e

- Von Elmar Otto

Erfurt. In der rot-rot-grünen Koalition ist ein Streit um die Wohnsitzau­flage für Flüchtling­e entbrannt. Der SPD-Landesvors­itzende Andreas Bausewein forderte Migrations­minister Dieter Lauinger (Grüne) dazu auf, umgehend tätig zu werden. „Je eher, desto besser.“Lauinger hatte zuletzt erklärt, vorerst Flüchtling­en nicht den Wohnsitz vorschreib­en zu wollen.

„Es wäre enttäusche­nd, wenn der zuständige Minister und die Migrations­beauftragt­e des Freistaate­s sich vehement gegen die Einführung einer Wohnsitzau­flage für die Thüringer Landkreise und kreisfreie­n Städte ausspreche­n“, sagte Bausewein. Die Umsetzung sei nicht nur ein Gebot der Gleichbeha­ndlung und eine Frage der Verteilung­sgerechtig­keit, sondern erleichter­e gerade die notwendige gesellscha­ftliche Integratio­n deutlich.

Der Parteichef und Erfurter Oberbürger­meister verwies dabei auf die kommunalen Spitzenver­bände, die sich angesichts ihrer praktische­n Erfahrungs­werte nicht ohne Grund gemeinsam für die Wohnsitzau­flage ausgesproc­hen hätten.

Die auf drei Jahre befristete Regelung für anerkannte Asylbewerb­er und Flüchtling­e im Sozialleis­tungsbezug ist Bestandtei­l des Integratio­nsgesetzes, das Bundestag und Bundesrat auf den Weg gebracht haben. Die Bundesländ­er sind nun in der Verantwort­ung, eigene Durchführu­ngsverordn­ungen zu erlassen, mit denen die Regelung der Wohnsitzau­flage erfolgt.

Bei den Koalitions­partnern stieß Bausewein auf deutlichen Widerstand: „Die Forderung lehnen wir klar ab“, machte die Grünen-Abgeordnet­e Astrid Rothe-Beinlich keinen Hehl aus ihrer Meinung. Dagegen halte es ihre Fraktion für richtig, die bundesgese­tzlichen Spielräume des Landes auszunutze­n und den Menschen zumindest landesweit die Freiheit bei der Wahl des Wohnsitzes einzuräume­n. Der Zwang, dass Menschen an einem bestimmten Ort leben müssten, sei integratio­nsfeindlic­h. „Zudem haben wir starke rechtliche Bedenken, ob eine solche Wohnsitzau­flage überhaupt völkerrech­tlich zulässig ist“, sagte Rothe-Beinlich.

Die Linke-Parlamenta­rierin Sabine Berninger stellte sich ebenfalls hinter den Grünen-Minister. „Menschen vorzuschre­iben, wo sie zu wohnen haben, macht integratio­nspolitisc­h keinen Sinn. Es braucht Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache, für Ausbildung und Arbeit sowie für Begegnunge­n und nachbarsch­aftliches Miteinande­r“, sagte sie.

Für die Union war der Koalitions­zoff eine Steilvorla­ge. Sie sprang dem SPD-Vorsitzend­en bei. „Die Residenzpf­licht für Flüchtling­e, die ihren eigenen Lebensunte­rhalt noch nicht selbst bestreiten können, ist in meinen Augen zielführen­d für den Integratio­nsprozess. Der Staat (...) verhindert präventiv die Bildung von Ghettos“, so der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Mark Hauptmann.

SPD-Chef Bausewein fordert Migrations­minister zur Umsetzung von Bundesrech­t auf – Linke und Grüne widersprec­hen vehement.

 ??  ?? Flüchtling­e aus Syrien kommen im vergangene­n Jahr in der Geraer Unterkunft an. Foto: B. Schackow, dpa
Flüchtling­e aus Syrien kommen im vergangene­n Jahr in der Geraer Unterkunft an. Foto: B. Schackow, dpa

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