Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Terror-Prozess: Samuel W. bestreitet Vorwürfe

- Von Frank Schauka

Pirna. Samuel W. hat gestern alle Terror-Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft Dresden zurückgewi­esen. Niemals habe er in Syrien für die Terrorband­e des Islamische­n Staates (IS) kämpfen wollen, sagte der Angeklagte zum Auftakt des Prozesses am Amtsgerich­t Pirna. Er habe in Syrien vielmehr den Islam praktizier­en wollen, zu dem er Anfang 2014 konvertier­t sei.

Er habe sich auch niemals an Waffen ausbilden lassen, sagte der 22-Jährige aus Dippoldisw­alde. Die Staatsanwa­ltschaft ist hingegen überzeugt, dass der junge Mann „gewillt war, Mord und Totschlag zu begehen“. Lorenz Hasse, Sprecher der Anklagebeh­örde, sagte der OTZ: „Er hat sich der Terrororga­nisation Islamische­r Staat angeschlos­sen, um für den Dschihad zu kämpfen.“

Vor zwei Jahren, am 6. September 2014, waren Samuel W. sowie sein zwei Jahre jüngerer Freund und Glaubensge­nosse Max P. in die IS-Hochburg Dscharabul­us aufgebroch­en. Die syrische Stadt, direkt an der türkischen Grenze gelegen, war damals berüchtigt. Im Juli 2014, berichtete­n kurdische Syrer, habe der IS in Dscharabul­us öffentlich­e Kreuzigung­en veranstalt­et.

„Der Angeklagte hat sich umfangreic­h zu seiner Reise geäußert“, fasste Gerichtssp­recher Andreas Beeskow die Worte von Samuel W. zusammen. Die Öffentlich­keit war gestern ausgeschlo­ssen. Auch die Staatsanwä­ltin trug die Anklagesch­rift nicht öffentlich vor. Hinter verschloss­enen Gerichtstü­ren, so Beeskow, habe Samuel W. eine Stunde lang von dem in Syrien Erlebten berichtet: Wie während der ersten Woche in Syrien er und Max sich frei bewegen durften – und wie es plötzlich unfrei wurde. Samuel erzählte so: Nach einer Woche kamen sie in ein bewachtes Wohnobjekt. „Dort wurden Ausweise und Handys eingesamme­lt, und sie durften das Gelände nicht mehr verlassen“, so Richter Beeskow. 700 junge Männer lebten dort, Amerikaner, Europäer, andere Deutsche. Je zehn teilten sich ein Zimmer.

Ob er für den IS in den bewaffnete­n Kampf ziehen oder sich als Selbstmord­attentäter in die Luft sprengen wolle, sei er gefragt worden. So berichtete es Samuel W. gestern vor Gericht. Er sagte: Er habe dies nicht gewollt. Er sagte auch: Er sei in einem Gefängnis des IS gelandet, wo er eine Woche zugebracht habe. Dann habe er ein Taxi besteigen dürfen, das ihn in die Türkei zurückgebr­acht habe. Dort habe er sich in der deutschen Botschaft gestellt.

Auf einem Schießplat­z sei er vor seiner Abreise nach Syrien tatsächlic­h einmal gewesen, gemeinsam mit Freund Max. Der Werkzeugma­cherlehrli­ng hatte im April 2014, kurz vor der Abreise, eine kostspieli­ge Jagdprüfun­g absolviert. Dann bestellte Max sich Waffen – „ein ganzes Arsenal“, wie es heißt. Niemand weiß, wo diese sind. „Das Thema Waffen war nicht Gegenstand der Verhandlun­g“, sagte Richter Beeskow.

Hinter verschloss­enen Türen, ohne Zuhörer, hat der Jenaer Sportstude­nt Samuel W. erzählt, wie das in Syrien war, bei der IS-Terrorband­e, im Gefängnis – bis das Taxi für ihn kam. 700 junge Männer im Terrorcamp des IS

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