Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Bild unausgewogen
Zum 40. Todestag von Oskar Brüsewitz.
Dass Oskar Brüsewitz, auch und gerade an seinem 40. Todestag, von der Politik als eine Art Märtyrer geehrt wurde, muss angesichts dessen, dass der Antikommunismus schon so etwas wie eine Staatsreligion ist, niemanden verwundern.
Doch was ist von einem Geistlichen zu halten, der sich in seiner eigenen Kirchgemeinde nach und nach völlig isolierte, der ihre Mitglieder durch Handlungen wie diese verwirrte und verschreckte, wodurch sich die Zahl seiner Gottesdienstbesucher mehr und mehr verringerte?
Inwieweit war bei ihm, der diesen Berichten zufolge ständig und mit hasserfülltem Unterton einen „Bolschewismus“beklagte, politischer Fanatismus im Spiele? Und was hat er wirklich gewollt – eine von Arbeitslosigkeit, Unrecht von Armut per Gesetz und Kriegsbeteiligung geprägte Gesellschaft etwa?
Kann so etwas das Ziel eines Menschen gewesen sein, der dem christlichen Grundsatz „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!“verpflichtet war?
Spielte auch der von seiner Tochter aus erster Ehe, Renate Brüsewitz-Fecht, in ihrem Buch „Das Kreuz und die Flamme“beschriebene, von hoher Verschuldung geprägte Lebensstil eine Rolle?
So lange solchen Fragen nicht nachgegangen wird, so lange wird es wohl kein ausgewogenes Bild von diesem Mann und seiner schrecklichen Tat geben können.
Hans-Joachim Weise, Ilmenau
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