Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Unwetter im Norden – zwei Tote
Zahlreiche ICE-Strecken über Stunden gesperrt. Zwei Menschen sterben in ihren Autos unter umgestürzten Bäumen
Offenbach. Regen, Hagel und heftiger Wind: Im Norden Deutschlands hat am Donnerstag ein starkes Unwetter gewütet. Mindestens zwei Menschen kamen ums Leben. In einigen Städten tobten Wirbelstürme, berichteten Wetterexperten. Besonders betroffen waren Menschen, die auf Straße oder Schiene unterwegs waren: Umgestürzte Bäume legten beinahe alle ICE-Strecken im Norden lahm. Die Strecken Hamburg– Berlin, Hamburg–Hannover, Bremen–Hannover und Hannover–Wolfsburg–Berlin wurden unterbrochen. Auf den Autobahnen in Niedersachsen gab es Behinderungen, etwa auf der A 7 zwischen Hamburg und Hannover, dort warnte die Verkehrsmanagementzentrale vor Gefahr durch umgestürzte Bäume.
In der Nähe von Uelzen in Niedersachsen starb ein 50 Jahre alter Mann. Er wartete am Donnerstag während des Sturms in einem Auto auf einem Parkplatz, als ein Baum auf den Wagen stürzte. Seine Frau überlebte leicht verletzt, sagte ein Polizeisprecher in Lüneburg. Unweit davon wurde außerdem eine Radfahrerin auf einer Hauptstraße ebenfalls von einem umstürzenden Baum getroffen und schwer verletzt. Im Kreis Gifhorn in Niedersachsen starb eine 83 Jahre alte Frau in ihrem Auto, nachdem ein Baum unmittelbar vor ihr auf die Straße gekippt war. Die gesamte Dachpartie des Wagens sei laut Polizei eingedrückt worden. Im Kreis Harburg südlich von Hamburg hinterließ nach Angaben der Feuerwehr ein Tornado große Verwüstungen. Dächer seien abgedeckt worden, Bäume umgeknickt. In der Gemeinde Fliegenberg sei eine Schafherde mit 20 bis 30 Tieren unter umgestürzten Bäumen begraben worden, zahlreiche Tiere seien verendet. „Die Spuren sprechen ein deutliches Bild hier. Das war ein Tornado-Ereignis“, sagte Feuerwehrsprecher Matthias Köhlbrandt. Die Helfer seien zu 250 Einsätzen ausgerückt.
Besucher des Musikfestivals „Hurricane“in Scheeßel mussten sich kurzzeitig in ihre Autos flüchten. Der Veranstalter rief die Gäste, die noch unterwegs zum Festival waren, über soziale Medien auf, möglichst erst am Freitag zu kommen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte vor weiteren schweren Gewittern in der Region. Im Hinblick auf das „Hurricane“sagte DWD-Meteorologe Thomas Ruppert: „Natürlich kann ein Unwetter im Freien sehr gefährlich sein“– etwa wenn Blitze einschlügen, große Hagelkörner herunterkämen oder Panik ausbreche. Im vergangenen Jahr waren bei einem Blitzeinschlag auf dem Festival „Rock am Ring“in der Eifel mehrere Menschen verletzt worden.
Extremes Wetter gab es auch ohne Regen und Sturm: Mit 37 Grad – gemessen am Flughafen Köln/Bonn – erlebte NordrheinWestfalen am Donnerstag den bisher heißesten Tag des Jahres.
Auch andernorts in Europa stöhnen die Menschen über Hitze: In Frankreich wurde mit örtlichen Temperaturen von über 37 Grad ein alter Rekord gebrochen. Der Mittwoch sei der heißeste Junitag seit Weltkriegsende 1945 gewesen, teilte der Wetterdienst Météo-France am Donnerstag mit.
In der Schweiz musste das Atomkraftwerk Mühleberg bei Bern seine Leistung drosseln. Grund ist die Temperatur der Aare. Das Kraftwerk bezieht aus dem Fluss sein Kühlwasser. Das Wasser fließt nach der Kühlung wärmer als vorher in den Fluss zurück. Weil aber die Temperatur im Fluss schon 20,5 Grad beträgt, müsse das Ökosystem geschont werden, wie ein Sprecher des Atomkraftwerks am Donnerstag erklärte. Deshalb sei die Produktion um fünf Prozent gedrosselt worden.
Das Unwetter in Norddeutschland zog im Laufe des Donnerstags über Sachsen-Anhalt in Richtung Osten. In Berlin war der Flugverkehr an den Flughäfen vorübergehend eingeschränkt. Auch am Freitag kann es in vielen Regionen Deutschlands mit Unwettern weitergehen. Wetterexperten warnen: Es könnte wieder gewitter. (dpa)
Schafherde unter umgestürzten Bäumen begraben