Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Machtwechsel: Neue Spitze bei Rewe
Lionel Souque wird Chef der Kette
Köln. Machtwechsel bei Deutschlands zweitgrößtem Lebensmittenhändler: Der Franzose Lionel Souque übernimmt zum 1. Juli die Leitung der Kölner Rewe-Gruppe. Der 45-jährige Manager stand bisher im Schatten seines Vorgängers Alain Caparros, der es liebte, mit starken Worten Schlagzeilen zu machen – zuletzt im Kampf um die Kaiser’s-Tengelmann-Supermärkte. Alain Caparros wechselt vom Einzelhandelsriesen Rewe zum Textilhändler C&A.
Der Übergang zwischen Caparros und Souque dürfte weitestgehend geräuschlos erfolgen, schließlich haben beide schon seit Jahren als Team gearbeitet. Doch die Herausforderungen für den Neuen sind beträchtlich: Nach einer kurzen Schwächephase glänzen die Discounter Aldi und Lidl derzeit auch in Deutschland wieder mit kräftigen Umsatzzuwächsen.
Hinzu kommt die OnlineKonkurrenz. Spätestens seit dem Start von Amazon Fresh ist klar, dass auch der Lebensmittelhandel nicht von der Konkurrenz aus dem Internet verschont bleibt. Zwar bietet Rewe schon heute in 75 Städten selbst die Möglichkeit zum Online-Einkauf. Doch von einem lukrativen Geschäftsmodell ist der Handelsriese in diesem Bereich noch ein ganzes Stück entfernt.
„Ich glaube nicht, dass wir in den nächsten drei bis fünf Jahren mit Online Geld verdienen, aber andere auch nicht“, beschreibt Souque selbst die Lage des Konzerns. (dpa) Frankfurt/Brüssel. Aufatmen in Italien, Wut in Deutschland: Die milliardenteure Auffanglösung für zwei italienische Regionalbanken auf Staatskosten stößt bei deutschen Politikern auf heftige Kritik. „Mit dieser Entscheidung geleitet die Kommission die Bankenunion zum Sterbebett“, sagte der CSUEuropaabgeordnete Markus Ferber am Montag in Brüssel.
Neue Regeln sollten nach der Finanzkrise eigentlich verhindern, dass die Steuerzahler für marode Banken aufkommen müssen. Dieses Versprechen sei „mit dieser Nacht-und-NebelAktion ein für alle Mal hinfällig“, sagte Ferber, der auch stellvertretender Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im EUParlament ist. Der Europaabgeordnete Michael Theurer (FDP) sprach von einem „skandalösen Sündenfall“.
Die EZB-Bankenaufsicht hatte die beiden Regionalbanken Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza vor dem Wochenende als nicht überlebensfähig eingestuft. Doch statt sie nach den EU-Vorschriften auf Kosten der Aktionäre, Sparer und Fremdkapitalgeber abzuwickeln, hatte die EU das Vorgehen nach zähen Verhandlungen der italienischen Regierung überlassen – weil die Banken nicht wichtig genug seien für eine europäische Lösung. Die neue europäische Abwicklungsbehörde habe die Feuerprobe nicht bestanden, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. Die Rettungsaktion sei ein „gefährlicher Dammbruch“, die EU-Regeln seien erneut umgangen worden.
Die Bundesregierung äußerte nur vorsichtige Kritik. Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums sagte, aus deutscher Sicht sei es grundsätzlich besser, eine unprofitable Bank aus dem Markt ausscheiden zu lassen, statt sie künstlich am Leben zu halten. Die EU-Kommission trage die Verantwortung dafür, dass europäische Abwicklungsregeln nicht durch nationale Insolvenzregelungen umgangen würden. In der Sache hat es niemanden verwundert, dass nach der Monte dei Paschi di Siena wieder zwei italienische Banken ins Schlingern geraten sind.
Auch juristisch ist begründbar, dass die beiden Banken nicht von der europäischen Abwicklungsbehörde, dem Single Resolution Board (SRB), sondern nach italienischem Insolvenzrecht aufgefangen und abgewickelt wurden. Das sei „völlig in Ordnung“, sagt Mark Wahrenburg, Professor für Bankmanagement und Regulierung an der Universität Frankfurt. Denn: „Die europäische Abwicklungsbehörde ist allein für die Großbanken zuständig.“
Strittig war aber, ob auch in diesem Fall eine Bankpleite die gesamte Finanzstabilität gefährdet. Denn die entsprechende Richtlinie sieht nur vor, „unter Berücksichtigung der Systemrelevanz für bestimmte Institute“Ausnahmen von der regelgerechten Abwicklung zu erlauben. Systemrelevanz wurde in diesem Fall für die europäische Ebene verneint. Italien hat aber behauptet, „dass es für seine Region Venetien relevant ist“, und rettet die beiden Institute, erklärt Susanne Knips, die auch Italiens Bankenlandschaft im Auftrag der Helaba beobachtet. Zwar wurden zunächst die Eigentümer und die Inhaber nachrangiger, also risikoreicher Anleihen der beiden Institute zur Kasse gebeten. Aber das reichte nicht. Denn nicht nur kleinere Sparer wurden verschont, wie es das europäische Recht vorsieht. Auch Inhaber erstrangiger Bankanleihen, in Italien zur Altersvorsorge weitverbreitet, sollten nicht bluten müssen. Deshalb die rund 17 Milliarden Euro Kapital und Garantien vom Staat.
Immerhin werden die beiden betroffenen Banken aufgelöst. Ihr Geschäft übernimmt die zweitgrößte Bank des Landes, die Intesa Sanpaolo. Deren Chef, Carlo Messina, ließ – sicher im Sinne der Regierung – wissen: „Ohne das Angebot von Intesa Sanpaolo hätte die Krise der beiden Banken ernsthafte Auswirkungen auf das gesamte italienische Bankensystem gehabt.“Daran haben viele Finanzpolitiker des Europäischen Parlaments jedoch ihre Zweifel. Auch der Frankfurter Bankprofessor Wahrenburg sagt: „Es wird noch zu diskutieren sein, ob die ‚schwere Finanzmarktstörung‘ tatsächlich vorlag.“