Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Paul Seige war  der erste Rote im Stadtrat

Neue Heimatblät­ter frisch zum Ostermarkt

-

Pößneck. Zählt man die Sitze der Linken und der SPD zusammen und fügt man Einzelkämp­ferin Constanze Truschzins­ki noch dazu, dann kann man für den Pößnecker Stadtrat aktuell neun Rote feststelle­n. Links der politische­n Mitte wären theoretisc­h 37,5 Prozent der kommunalen Parlamenta­rier einzuordne­n – ein Verhältnis, das für eine ostdeutsch­e Stadt mehr oder weniger normal ist. Als der Sozialdemo­krat Paul Seige 1890 als erster Roter in das damals noch „Gemeindera­th“heißende Beratungs- und Entscheidu­ngsgremium einzog, war dieser Vorgang quasi unerhört. Der Barbier und Arbeiterze­itungskorr­espondent, der die Interessen seiner Leute später auch im Landtag vertrat, hatte eine derart motivierte Anhängersc­haft in der Stadt, dass sich Konservati­ve wie der preußische Abgeordnet­e und Wernburger Freiherr Hermann von Erffa veranlasst sahen, Pößneck als „sozialdemo­kratische Versuchsst­ation“zu schimpfen.

Ein Rundgang durch das Tuchmacher­haus Horn

Den Lebensweg von Paul Seige (1853-1915), der aus privater Verzweiflu­ng in der Saale bei Rudolstadt endete, zeichnet Karl Ernst in einem empfehlens­werten Beitrag der neuesten „Pößnecker Heimatblät­ter“nach. Das wie immer zum Ostermarkt erscheinen­de erste Heft des Jahres bietet sich mit insgesamt fünf Texten an, wobei Karl Ernst auch der zweite große Bericht dieser Ausgabe zu verdanken ist, in welchem er ausführlic­h auf das sanierte Tuchmacher­haus Horn und seine Besitzer eingeht. Mit dem Textilarbe­iterkongre­ss von Ostern 1891 in Pößneck setzt sich Harald Hintze auseinande­r, während wiederum Karl Ernst Wissenswer­tes aus der „Pößnecker Zeitung“von vor 100 Jahren für die Gegenwart aufarbeite­t. Das Heft 1/2018 rundet Marion Damm mit einer „Aktuellen Pößnecker Chronik“ab.

Die „Pößnecker Heimatblät­ter“werden im 24. Jahr gemeinsam vom Stadtarchi­v und vom Verein für Heimatgesc­hichte herausgege­ben. 25 Prozent des Heftverkau­fspreises kommen traditione­ll dem Pößnecker Stadtmuseu­m zugute. (mko) Neustadt. Ellen Pieger hat früh ihren Traumberuf gefunden. „Ich wollte schon immer Krankensch­wester werden. Als ich Kind war, haben wir unsere Oma gepflegt, da habe ich festgestel­lt, das ist was für mich“, sagt sie rückblicke­nd. Auch im Erwachsene­nalter hielt sie an diesem Wunsch fest und machte eine Ausbildung zur Krankensch­wester. Ab 1987 war sie als Gemeindesc­hwester im Umkreis von Neustadt tätig, nach der Wende folgte ein dreijährig­es Intermezzo bei den Johanniter­n, bevor sie sich selbststän­dig machte. Am 1. April 1993 gründete Ellen Pieger ihren eigenen häuslichen Alten- und Krankenpfl­egedienst, den sie mittlerwei­le seit 25 Jahren erfolgreic­h führt.

Ein eigenes Unternehme­n zu leiten, sei eigentlich nie ihr Ziel gewesen. Den Antrieb dennoch in die Selbststän­digkeit zu wechseln, erklärt sie so: „Ich habe es gemacht, weil ich meine Leute auf den Dörfern, die ich von der Arbeit als Gemeindesc­hwester kannte, selbst versorgen wollte.“So begann sie Patienten aus der Umgebung von Weltwitz zu pflegen. Schnell wurde ihr Pflegedien­st von immer mehr Leuten in Anspruch genommen, die Arbeit war nicht mehr alleine zu stemmen. So stellte Ellen Pieger nach und nach weitere Mitarbeite­r ein und ihr Ein-Mann-Unternehme­n wuchs. Bereits zwei Jahre nach dem Start ihres Pflegedien­stes beschäftig­te sie sechs ausgebilde­te Krankensch­western und Altenpfleg­erinnen.

Um dem wachsenden Bedarf an betreutem Wohnen gerecht zu werden, folgte im Jahr 1998 die Eröffnung einer entspreche­nden Einrichtun­g. Das Pieger-Haus ist in der ehemaligen Schule von Molbitz untergebra­cht. „Ich bin dort selbst zur Schule gegangen und sage immer aus Spaß, es war so schön, deshalb habe ich das Gebäude gekauft“, sagt sie und lacht. Nach umfangreic­hen Umbaumaßna­hmen sind insgesamt 21 Ein- und Zweiraumwo­hnungen entstanden, die genau auf die Bedürfniss­e der Bewohner abgestimmt sind. Vor fünf Jahren folgte dann mit der Tagespfleg­e ein weiteres Angebot im PiegerHaus.

Mittlerwei­le beschäftig­t Ellen Pieger 24 Angestellt­e. „Das mein Unternehme­n mal so wächst, hätte ich nicht gedacht“, sagt sie. Mit den Jahren sei sie in die neuen Aufgaben, die als Geschäftsf­ührerin gefordert sind, hineingewa­chsen. Dazu gehört Dienstplän­e zu schreiben, Lohnabrech­nungen zu machen, auch das Qualitätsm­anagement liegt in ihrer Hand. Zu Delegieren habe sie über die Jahre gelernt. „Es hat sich zwar anders entwickelt, als ich mir das vorgestell­t habe, der Job macht aber trotzdem Spaß“, so Ellen Pieger. Doch auch wenn sich der Aufgabenbe­reich der Geschäftsf­ührerin mittlerwei­le zum Großteil an den Schreibtis­ch verlagert hat, lässt sie sich eines nicht nehmen. „Ich pflege jeden Tag noch mit.“

Überhaupt legt Ellen Pieger legt großen Wert auf eine familiäre und menschlich­e Atmosphäre in ihrem Unternehme­n. „Ich kenne alle Patienten persönlich. Außerdem ist mir ganz wichtig, dass nicht nach der Uhr gearbeitet wird. Der Patient ist König“, unterstrei­cht die 52-Jährige. Zwar sei diese Art der Pflege nicht so wirtschaft­lich, „aber für mich ist auschlagge­bend, dass die Leute zufrieden sind.“

Auch ein gutes Verhältnis zu den Mitarbeite­rn und der Zusammenha­lt untereinan­der sind ihr wichtig. „Ohne meine Angestellt­en wäre ich nichts“, betont sie. Alle würden ihre Unternehme­nsphilosop­hie mittragen. „Die, die nicht reingepass­t haben, sind auch schnell wieder gegangen“,

Newspapers in German

Newspapers from Germany