Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Personalnotstand in Thüringer Gesundheitsämtern
Gera. „Wie es dort weitergehen soll, ist den beiden Kolleginnen, die zum Jahresende ausscheiden, nicht bekannt“, sagt Dr. Bettina Naumann, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes der Ärzte und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD).
Es gebe zwar Versuche, Aufgaben an benachbarte Kommunen oder niedergelassene und Klinikärzte zu übertragen. Die anderen Gesundheitsämter seien personell aber auch nicht besser aufgestellt und deshalb nicht in der Lage, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. „Außerdem ist eine Wahrnehmung sogenannter hoheitlicher Aufgaben rechtlich nur durch Ärzte möglich, die im Öffentlichen Gesundheitsdienst beschäftigt sind“, warnt Naumann, die selbst als Fachärztin im Gesundheitsamt des Saale-holzlandkreises beschäftigt ist.
Kein einziges Thüringer Gesundheitsamt erfülle noch die Vorgaben des Landes hinsichtlich der Personalausstattung. Wie Ingrid Francke, Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes, gestern bei der Jahresfortbildungsveranstaltung in Erfurt sagte, ist der Mangel an Ärzten und Zahnärzten in keinem anderen medizinischen Versorgungsbereich so groß wie im ÖGD. Ende 2016 sei in den Thüringer Gesundheitsämtern fast jede zweite Arztstelle nicht besetzt gewesen, bei den Zahnärzten war es gut jede fünfte. Die Folge: Die Funktionsfähigkeit des ÖGD sei nachweislich „auf allen Ebenen gefährdet“. Bereits seit Jahren könnten nicht mehr alle Pflichtaufgaben komplett erfüllt werden.
So konnten im Jahr 2016 nur 16 Prozent aller Thüringer Kindergartenkinder untersucht werden, bei den Reihenuntersuchungen in den vierten und achten Klassen betrug der Erfüllungsgrad nur 64 beziehungsweise 68 Prozent.
Der ÖGD ist für Ärzte vor allem deshalb unattraktiv, weil sie dort deutlich schlechter bezahlt werden als ihre Kollegen in den Krankenhäusern oder in der ambulanten medizinischen Versorgung. Im Schnitt verdienen sie 1000 Euro im Monat weniger. Dazu kommt, dass die Ärzte, die den sogenannten Amtsarztkurs absolvieren müssen, die Kosten in Höhe von 5000 bis 6000 Euro zur Hälfte selbst tragen müssen.
Aus dem Ärztemangel im ÖGD erwachsen große Risiken: Der Landesverband sieht sie unter anderem in der Verbreitung von Infektionskrankheiten sowie in der mitunter mangelhaften Hygiene in Krankenhäusern und Pflegeheimen, die der Verbreitung besonders resistenter Keime Vorschub leistet.
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Großer Personalmangel in Thüringer Gesundheitsämtern: Die Behörde im Unstrut-hainichkreis wird bald die landesweit erste ohne einen Arzt sein.