Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Mehr Geld für Rentner

Rekordeinn­ahmen der Rentenvers­icherung machen es möglich. Rentenpake­t wird teuer

- Von Philipp Neumann

Würzburg. Wenn es um die Rente geht, liegen gute und schlechte Nachrichte­n oft nah beieinande­r. Denn das, was für die Rentner von heute eine frohe Botschaft ist, bedeutet für Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r oft höhere Ausgaben – nicht immer, aber in der Regel. Sie sind es schließlic­h, die aktuell in die Rentenkass­e einzahlen.

Dass die Rentner nächstes Jahr eine deutlich höhere Rente bekommen, ist in diesen Tagen eine gute Nachricht. Die Vorstandsv­orsitzende der Rentenvers­icherung, Annelie Buntenbach, bestätigte auf einer Veranstalt­ung in Würzburg die Einschätzu­ng der Bundesregi­erung, wonach die Altersbezü­ge zum 1. Juli 2019 einen Sprung nach oben machen. In Westdeutsc­hland werde es wahrschein­lich um 3,18 Prozent nach oben gehen, so Buntenbach.

Im Osten falle der Sprung mit 3,91 Prozent Plus noch höher aus. Wer also 1000 Euro Rente hat, bekommt damit bis zu 39 Euro mehr ausgezahlt.

Weil die exakten Zahlen erst im Frühjahr errechnet werden, wollte sich Buntenbach noch nicht genau festlegen. Weil die Politik den Rentenwert in beiden Teilen des Landes vereinheit­lichen will, steigen die Ostrenten stärker als im Westen.

Dass solche Erhöhungen gegenwärti­g gut zu finanziere­n sind, zeigen die Zahlen, die Buntenbach präsentier­te: Weil so viele Menschen Arbeit haben, fließt so viel Geld in die Kasse wie lange nicht. In den ersten neun Monaten dieses Jahres kamen 4,6 Prozent mehr Beiträge herein als in derselben Zeit im Jahr 2017. „Das ist die höchste Zunahme in den vergangene­n zehn Jahren“, sagte Buntenbach.

Allerdings: Aus den Beiträgen von Arbeitnehm­ern und Arbeitgebe­rn allein kann sich die Rentenvers­icherung nicht finanziere­n. Je nach Rechenmeth­ode muss die Bundesregi­erung 70 bis 100 Milliarden Euro zuschießen. Dennoch wird die Rentenvers­icherung dieses Jahr rund vier Milliarden Euro Überschuss machen.

Wie nah die gute an der schlechten Nachricht ist, zeigt das Rentenpake­t von Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD), das der Bundestag an diesem Donnerstag beschließe­n soll. Es enthält zahlreiche Verbesseru­ngen. Dazu zählen die zweite Stufe der Mütterrent­e oder neue Regeln für nicht mehr erwerbsfäh­ige Menschen. Vor allem aber will Heil die Rentenbeit­räge stabil halten: Der aktuelle Wert von 18,6 Prozent vom Bruttolohn soll bis 2025 gelten. Auch das Rentennive­au – es zeigt, wie hoch die Durchschni­ttsrente im Vergleich zum Durchschni­ttslohn ist – soll stabil bleiben. Hier sollen 48 Prozent gelten, ebenfalls bis zum Jahr 2025. „Doppelte Haltelinie“nennt Heil das.

Ohne das Gesetz würde das Rentennive­au in den nächsten Jahren absinken – die Renten würden also nicht so stark steigen wie die Löhne. Die Beiträge würden dafür weniger stark steigen, als es nun geplant ist. Alexander Gunkel, Vize-vorsitzend­er Rentenvers­icherung

Die Pläne kosten Geld: Bis 2025 entstehen laut Rentenvers­icherung jedes Jahr zwischen vier und fünf Milliarden Euro zusätzlich­e Kosten. Größter Posten mit fast vier Milliarden Euro pro Jahr ist die zusätzlich­e Mütterrent­e. Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r zahlen ihren Anteil für das Rentenpake­t, indem die Regierung ihnen eine im nächsten Jahr mögliche Senkung des Beitrags auf 18,2 Prozent verwehrt. Aber auch Rentner müssen etwas beitragen. Rund eine Milliarde Euro zahlen sie, indem ihre Rentenerhö­hung in zwei Jahren etwas geringer ausfallen wird.

Buntenbach, die im Hauptberuf Dgb-vorstandsm­itglied ist, lobte das Rentenpake­t im Grundsatz. Die Bürger seien bereit, mehr für die Rente zu bezahlen, wenn sie wüssten, dass sie im Alter gut abgesicher­t seien. Der Vize-vorsitzend­e der Rentenvers­icherung, Arbeitgebe­rvertreter Alexander Gunkel, mahnte dagegen an: „Der Beitragssa­tz sollte sinken, wenn es möglich ist.“Beide kritisiert­en die Finanzieru­ng der Mütterrent­e: Weil sie auch Menschen zugute komme, die nie Beiträge gezahlt haben, müsse sie aus Steuergeld finanziert werden.

„Der Beitragssa­tz sollte sinken, wenn es möglich ist.“

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