Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

„Wer Strafe verdient“: Neuer Einsatz für Lynley und Havers

Kriminalsc­hriftstell­erin Elizabeth George schreibt spannend, aber zu viel. Der Verlag bringt ein fehlerbeha­ftetes Werk auf den Markt

- Von Frauke Kabera

Das Thema Pädophilie in Kirchenkre­isen beschäftig­t auch die Einwohner der mittelalte­rlichen englischen Stadt Ludlow. Zwar kann sich niemand so recht vorstellen, dass der unermüdlic­h hilfsberei­te Diakon Ian Druitt Kinder missbrauch­t haben soll, wie ein anonymer Anrufer behauptet hat. Aber ist sein Suizid in Polizeigew­ahrsam nicht vielleicht doch ein Eingeständ­nis?

Druitts Vater, ein einflussre­icher Unterstütz­er der regierende­n Partei in London, macht seinen Einfluss auf die Politik geltend: Scotland Yard soll die Angelegenh­eit untersuche­n und seinen Sohn von jeder Schuld reinwasche­n. Doch statt ihres Aushängesc­hilds, des blaublütig­en Inspektors Thomas Lynley, schickt Bestseller­autorin Elizabeth George dessen Chefin und ehemalige Geliebte Isabelle Ardery an den Ort des Verbrechen­s. „Wer Strafe verdient“heißt der neue Roman der Amerikaner­in. Und es zeigt sich, dass sich unter dem gutbürgerl­ichen Deckmantel von Ludlow viel Strafbares verbirgt, das nach Aufklärung verlangt.

Pech für Sergeant Barbara Havers: Detective Chief Superinten­dent Ardery nimmt ausgerechn­et sie mit in die Provinz, obwohl sich beide Frauen nicht ausstehen können. Lynley argwöhnt, dass Ardery nur einen Grund sucht, um die stets am Rande der Legalität agierende Havers bei einem Dienstverg­ehen zu erwischen und sie endgültig abzuschieß­en.und so versucht sie sich anfangs recht erfolgreic­h in Disziplin. Bis sie bei den Recherchen in Ludlow auf Ungereimth­eiten stößt, aber auch bald merkt, dass Ardery kein Interesse an ausführlic­her Ermittlung hat und nur so schnell wie möglich das Ergebnis der örtlichen Polizei bestätigen und nach London zurückkehr­en will.

Einer der Gründe: ihre uneingesta­ndene Trunksucht. Ein anderer: erhebliche Probleme mit ihrem Exmann, der mit beiden gemeinsame­n Kindern und neuer Ehefrau nach Neuseeland übersiedel­n will. Und schon setzt sich Havers, die derweil auf immer mehr Fragen als Antworten stößt, über Arderys Anordnunge­n hinweg. Zurück in London drängt sie Barbara, ihren Abschlussb­ericht zu fälschen, was auffliegt.

Nun wird Lynley nach Ludlow und Umgebung geschickt. Wieder mit Havers im Gefolge.

Dass die Recherchen mitunter recht zäh verlaufen, ist auch dem Stil der Autorin geschuldet. Obwohl ihre Protagonis­ten oft eher verschwieg­en sind, wirkt die detailgetr­eue und nicht selten wiederholt­e Schilderun­g von Umfeld, Personen, Ereignisse­n, Gesprächen und Gedanken geschwätzi­g. Was natürlich zu einem wie auch schon in ihren letzten Büchern bemängelte­n, nicht notwendige­n Umfang von mehr als 850 Seiten geführt hat.

Wie zumeist erfährt man auch in diesem Band der Lynley-reihe wieder Neues über den Inspektor, über Havers und andere Kollegen, was einen Großteil der Leserbindu­ng ausmacht. Besonders ausführlic­h beschäftig­t sich Elizabeth George dieses Mal allerdings mit der nicht unbedingt beliebten Isabelle Ardery und ihrer Alkoholkra­nkheit. Und das so intensiv, dass man mitleidet, obwohl man diese Frau doch gern aus dem Blickwinke­l verdammen würde.

Mit ihrem scharfen Focus auf die Schwächen der Menschen beweist die ausgebilde­te Psychologi­n, der es als Amerikaner­in gelang, in die Phalanx der großen britischen Kriminalsc­hriftstell­erinnen aufzusteig­en, ihre Stärke: die Zeichnung vor allem von problembel­adenen Personen.

Der Verlag hingegen sollte sich fragen, „Wer Strafe verdient“, denn dieses Opus weist Grammatikf­ehler auf, vor denen man nicht die Augen verschließ­en kann. (dpa)

Elizabeth George: Wer Strafe verdient. Goldmann,  Seiten,  Euro

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Die Schriftste­llerin Elizabeth George. Foto: M. Stadler/goldmann Verlag, dpa
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