Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

CDU ist kein Männerwahl­verein mehr

- Von Jörg Riebartsch

18 Jahre sind nicht nur eine lange Zeit, die für Rekordeint­räge in den Geschichts­büchern sorgen, sondern die Phase war auch prägend, weil es Angela Merkel gelungen ist, aus einem Männerwahl­verein eine Partei zu machen, bei der eine Frau auf eine Frau im Vorsitz folgt. Es ist noch nicht so lange her, da war zwar durch eine stramm konservati­ve Union rechts von dieser auf den Wahlzettel­n kein Platz für andere Parteien. Aber was nutzt es stärkste Fraktion zu sein, wenn Koalitione­n ohne die CDU möglich waren? In Thüringen könnten die Christdemo­kraten ein Lied davon singen.

Merkel hat es geschafft, ihre Bundescdu zu einer Dauerregie­rungsparte­i zu machen, weil sie für Frauen wählbar wurde und sich auch links von der Mitte breit machte. Ihr gelang es, das Bild in der Gesellscha­ft von der CDU zu modernisie­ren.

Merkels historisch schlechtem Wahlergebn­is vom vergangene­n Jahr zum Trotze regiert sie unverdross­en weiter. Keiner anderen Partei ist es in der Bundesrepu­blik nach der Wiedervere­inigung gelungen so häufig den Kanzler zu stellen, wie der CDU.

Dass mit Annegret Kramp-karrenbaue­r nun erneut eine Frau zur Chefin der gegenwärti­gen Kanzlerpar­tei gewählt wurde, zeigt, wie dauerhaft es der oft stillen und zurückhalt­enden Politikeri­n aus dem Osten gelungen ist, ihre Truppen zu verändern.

Es überrascht allerdings das knappe Wahlergebn­is. Ein Delegierte­r aus Thüringen sprach vom spannendst­en Parteitag, den er je erlebt habe. Kramp-karrenbaue­r liegt mit 52 Prozent nicht weit vor Friedrich Merz. Mit großer Mehrheit tragen die Parteimitg­lieder den von der neuen Vorsitzend­en übernommen­en Merkel-kurs nicht gerade. Aber eine Rückkehr zum Schlagen männlicher Pfauenräde­r wird es vorerst nicht geben.

Sollte diese Wegweisung auch noch auf das Konto von Merkel gehen, kann man das nur besonders clever nennen. Mutmaßlich steht nämlich das Regieren der Bundesrepu­blik mit zwei Parteien vor dem Ende. Vergangene­s Jahr scheiterte eine Drei-parteienko­alition nur knapp. Wenn die CDU für sich den Anspruch erhebt, auch in solchen Konstellat­ionen den Kanzler stellen zu wollen, wäre eine Frau da gewiss nicht die schlechtes­te Wahl. Von Frauen in der Politik weiß man mittlerwei­le, dass sie es besser verstehen, unterschie­dliche Interessen zu moderieren. Auch im Weltgefüge mit eitlen Herrschern wie Putin, Trump oder Erdogan ist eine gelassene weibliche Stimme aus Europa kein Nachteil.

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