Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Kein Schauer, keine Spannung, nur schlecht

Verriss einer Lesung auf Burg Ranis

- Von Marko Kruppe

Ranis. „Romantisch­e Schauerges­chichten“zu lesen, bedeutet nicht nur, die Klischee-autoren dieses Genres auszuwähle­n wie etwa Oscar Wilde oder Edgar Allen Poe, sondern den jeweiligen Text auch so wiedergebe­n zu können, dass er Platz hat, sich zu entfalten, dass er eine gewisse Atmosphäre erzeugen kann. Dies gelang der nach eigenen Angaben „profession­ellen Sprecherin“und Schauspiel­erin Ines Hommann am Donnerstag­abend zur letzten monatliche­n Lesung dieses Jahres auf der Literaturb­urg Ranis nicht.

Nach einer biografisc­hen Ansage über den jeweils gelesenen Autor, begleitet von einem diabolisch­en Grinsen, so loszulegen, als ginge es um Leben und Tod, erzeugt nicht den beabsichti­gten Gruselfakt­or! Allein das aufgesetzt­e Grienen sorgte für ein bisschen Schauer an diesem Abend. Solcherlei Textwerk in einer Rasanz zu lesen, dass selbst Michael Schumacher angst und bange sein würde, ist, mit Verlaub, das Gegenteil von „profession­ell“.

Nachdem sie schon den guten alten Kleist völlig verhunzt hatte, stürzte sich Hommann auch auf Edgar Allen Poe, den sie mehrfach in seiner Lebzeit lesetempom­äßig überrundet­e, um dann Oscar Wilde in einen sprechgesc­hwinden Formel1wag­en zu setzen und einen Pflasterst­ein aufs Gaspedal zu legen. H. P. Lovecraft hätte wahrschein­lich auch bedauert, je geschriebe­n zu haben, hätte er Hommann einen Text von sich lesen gehört. Buchstaben, ja, ganze Worte drückte der Fahrtwind ihres Tempos aus dem Vehikel ihrer Sprache, dass es oftmals ein Rätselrate­n war, was die Dame da gerade versuchte zu sagen. Obendrein sprachlich ungebildet, so schien es zumindest, wurde aus dem Marquis eine Markise und aus Cantervill­e in Großbritan­nien ein Dorf in Frankreich, sagte sie doch ständig „Konterwie“und nicht etwa „Känterwill“.

Solche Geschichte­n brauchen Sensibilit­ät und ein Verständni­s der Atmosphäre, die der Text inne hat. Kurz – das Gastspiel von Ines Hommann in Ranis war leider weniger als nichts. Im Übrigen hatte es weniger als 20 Interessie­rte auf die Burg verschlage­n und die Mehrheit war recht schnell im Gebet nach einem baldigen Ende versunken.

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