Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Schlagbaum durchbrochen
Familie scheitert mit Ausreiseantrag
Roland F. starb am 15. Mai 1988 am Steuer eines gestohlenen Lieferwagens an einer Sperre des Grenzübergangs Hirschberg. Seine Frau und zwei Kinder saßen auf der Ladefläche. Sie überlebten den Fluchtversuch. Wenige Tage zuvor war ein Ausreiseantrag der Familie aus Gera abgelehnt worden. Der am 29. Dezember 1956 in Ronneburg geborene Roland lebte einige Zeit im Jugendwerkhof Wolfersdorf. In Gera geriet er dann auf die schiefe Bahn. Wegen Autoeinbrüchen, Metallund Autodiebstahls verurteilte ihn das Kreisgericht Gera 1982 zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis. Seine Ehe zerbrach. Nach vorzeitiger Haftentlassung lernte er eine Mutter von zwei Kindern kennen. Sie heirateten und bekamen einen Sohn. In der Nacht zum 15. Mai 1988 fuhr er mit seinem zweijährigen Sohn und dessen fünfjährigen Bruder über die Autobahn in Richtung Hirschberg. Er durchbrach den Schlagbaum der Vorkontrolle und raste auf den Grenzübergang zu. Gegen einen stählernen Sperrschlagbaum prallte das Fahrzeug ungebremst. Roland F. war sofort tot, seine Frau und die beiden Kinder wurden schwer verletzt ins Krankenhaus Schleiz gebracht. Frau F. wurde im Januar 1989 zu zwei Jahren und acht Monaten Haft sowie 30 000 Mark Schadensersatz verurteilt. Sie trat die Strafe am 18. April 1989 an und konnte nach der Wende am 22. Dezember 1989 das Frauengefängnis Stollberg verlassen.