Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Lange Haft für Totschlag in Gera
Der -jährige Angeklagte leugnet die Tat, doch das Gericht glaubt ihm nicht
bereits längere Zeit bei dem Mann, nachdem er seine eigene Wohnung wegen Mietschulden verloren hatte. Bei einem Saufgelage am Sonntag, 21. Januar, kam es zur ersten Auseinandersetzung. Der Gastgeber habe seine Freundin beleidigt und ihn so provoziert, sagte der Angeklagte und räumte die Schläge ein.
Am Montag will er den Geschädigten gefragt haben, ob er Hilfe brauche und er einen Arzt holen solle. Das habe jener abgelehnt. Danach will der Angeklagte aus dem Haus gegangen sein. Er habe mit Unbekannten getrunken und im früheren Lenin-Park auf einer Bank geschlafen – und das mitten im Winter. Am nächsten Morgen sei er durch Geschäfte und Lokalitäten getourt und erst in die Wohnung gekommen, als sein Gastgeber schon tot war.
„Handfeste Beweise fehlen für die Tötung“, sagte Verteidiger Andreas Bönisch. „Sämtliche Schilderungen decken sich mit dem, was die Funkzellenauswertung ergeben hat.“Demnach war das Handy des Angeklagten in drei Masten eingeloggt, die aber nicht nur den Tatort, sondern auch den Park und die Innenstadt abdecken. Die Genspuren unter seinen Fingernägeln seien nicht ungewöhnlich, wenn zwei Personen längere Zeit in einer Wohnung leben, sagte der Anwalt. Er plädierte darauf, seinen Mandanten freizusprechen und nur wegen der eingeräumten gefährlichen Körperverletzung zu vier Jahren Freiheitsstrafe zu verurteilen.
Staatsanwalt Jens Wörmann hingegen beantragte neun Jahre und drei Monate Haft wegen Totschlags. Nebenklagevertreterin Martina Mandler schloss sich in ihrem Plädoyer an.
Die erste Strafkammer kommt ebenso zur Überzeugung, dass der Angeklagte den 56-Jährigen getötet hat. Das Opfer habe ein Martyrium durchlitten: Gesichtsfraktur, Serienfrakturen der Rippen, Brustbein und mehrere Knochen am Kehlkopf gebrochen und die Leber gerissen. Nach der ersten Auseinandersetzung am Sonntag habe es Montag erneut Streit gegeben. Fürs Erwürgen komme der Angeklagte als erstes in Betracht, weil er jederzeit Zugang zur Wohnung hatte, sagt der Vorsitzende Richter Tonndorf. Von den neun Jahren Haft soll der Angeklagte vor der Alkoholbehandlung zwei Jahre verbüßen.
Tonndorf empfiehlt der Staatsanwaltschaft, einen Zeugen wegen unterlassener Hilfeleistung und Falschaussage vor Gericht anzuklagen. Jener Zeuge habe sich mit dem Angeklagten abgesprochen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.