Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Spanien versinkt im Chaos
Zwei Tage vorm ersten WM-Gruppenspiel gegen den Rivalen Portugal muss Trainer Julen Lopetegui gehen
Dass an diesem Tag noch vom Titel gesprochen würde – wer hätte das gedacht? Hinter Spanien lagen äußert turbulente Stunden, seit Lopetegui am Dienstagnachmittag von Real Madrid per Kommuniqué aus heiterem Himmel als Trainer für die kommende Saison vorgestellt wurde. Der Baske verlor damit auf einen Schlag seine Glaubwürdigkeit als Projektleiter – noch kurz zuvor hatte er seinen Vertrag bis 2022 verlängert – und wurde vom bewunderten Erneuerer der Nationalelf zur Belastung für das Zusammenleben. Weil die Gespräche mit Real am Verband vorbeigeführt wurden, zerstörten sie darüber hinaus jede Arbeitsgrundlage mit Rubiales.
„Für alle Angestellten des Verbandes gelten klare Verhaltensregeln“, führte der Funktionär gestern aus. „Es kann nicht sein, dass ich drei Tage vor einer WM fünf Minuten vorher von so einer Sache unterrichtet werde“. Die Reaktion schuldet sich auch verbandspolitischen Hintergründen: Nach der Amtsenthebung des jahrzehntelangen Paten Angel María Villar wegen Korruption und einem kommissarischen Interregnum gewann Rubiales im April die Neuwahlen mit dem Versprechen auf Transparenz: „Wir können nicht unsere eigenen Werte verraten“, sagte er nun. Für seine unbedingte Verteidigung der Interessen der Nationalelf, die in Spanien bis zu den Erfolgen der jüngeren Vergangenheit traditionell im Schatten der Klubs stand, erntete er überwiegend Zustimmung. „Rubiales hat richtig gehandelt, die ‚Selección’ steht über allem“, sagte Ex-Regisseur Xavi.
Zumindest wird den Verband keiner mehr unterschätzen, denn unter allen Verlierern der Angelegenheit stehen Real Madrid und Lopetegui als die größten da.