Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Bratwurst als Marketing
Nach den Buchstaben des Gesetzes mag es korrekt sein, dass Christina Wagner keine Bratwürste über den Zaun am Autobahnrastplatz Rodaborn im Saale-Orla-Kreis verkaufen darf. Ob die Eigentümerin vor dem Kauf korrekt informiert wurde, dass sie dort keinen Imbiss zum Rastplatz betreiben kann, muss ein anderes Verfahren klären.
Doch der komplette Fall trägt die Züge eines Schildbürgerstreiches. Überall sonst in der Welt wären sie stolz auf ihre erste Autobahnraststätte, würden ein Museum einrichten und wahrscheinlich einen Erlebnispark drumherumbauen. Mit Autobahnanschluss versteht sich. Doch Thüringen will mit aller Macht verhindern, dass ein Kulturgut an der Autobahn verkauft wird: die Bratwurst.
Dabei drehen sich die Argumente wie die Fahne im Wind. Heißt es einerseits, es gebe keinen Bedarf für eine weitere Raststätte, setzt das Landesamt Bau und Verkehr andererseits auf die Begründung, dass der Parkplatz ob des Andranges zu klein konzipiert sei. Schließlich dauere die Pause mit einer Bratwurst länger, so dass die Stellplätze nicht ausreichen.
Kurzum hilft nur eines: Bürokratie aus, Herz an. Wo ein Wille ist, findet sich auch ein Weg für eine Verkaufserlaubnis. Warum sollte nicht eine Sonderkonzession ausgestellt werden? Der Marktoligarch Tank und Rast und dessen Pächter werden es verkraften, wenn in Thüringen ein paar Hundert Reisende pro Tag in die frisch gebratene Bratwurst beißen – das wäre gutes Marketing für den Freistaat.