Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Nicht Amerika zuerst, sondern allein
US-Präsident Donald Trump macht weiter ernst mit seiner Ankündigung, Strafzölle zu erheben. Gestern war China dran. Für Europa wirken Strafzölle ab 1. Juli. Mancher mag denken, das sei richtig so. Schließlich sagt ja der Präsident, „America first“, also Amerika zuerst. Und der Präsident rechnet dazu vor, dass die Vereinigten Staaten im Warenhandel ein Defizit in Höhe von
800 Milliarden Dollar haben. Klingt viel und führt dazu, dass es Menschen gibt, die glauben, Trump sei auf dem richtigen Weg. Dies kann man allerdings dann denken, wenn man Anhänger der USA ist.
Trump spricht nur die halbe Wahrheit. Man muss sich die komplette Leistungsbilanz der Länder untereinander anschauen. Analysten der Deutschen Bank haben es getan und ausgerechnet, dass die USA weltweit einen Überschuss in Höhe von 1,4 Billionen Dollar haben. Der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Felbermayr hat das noch einmal heruntergebrochen. Er kommt zu einem Plus der Amerikaner zulasten Europas in Höhe von 14 Milliarden Dollar.
Mitrechnen muss man nämlich die Gewinne amerikanischer Unternehmen, die keine Waren liefern, sondern Dienstleistungen bieten, wie Facebook, Google oder Amazon. In die Leistungsbilanz gehören zudem US-Unternehmen, die in Europa oder China herstellen und verkaufen, wie der Klopsbrater McDonald‘s oder der Brausehersteller Coca Cola.
Trump wird das auch kennen, verbreitet aber lieber Halbwissen, um den WirtschaftsImperialismus der USA auszubauen.
Seine unvollständigen Informationen bezieht der US-Präsident häufig aus dem Morgenprogramm seines Lieblingssenders Fox, der zu „Century Fox“gehört. Viele seiner Kurzbotschaften, die er selbst über den amerikanischen Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet, entstehen während der morgendlichen Nachrichten auf Fox. Aufgeschnappt und abgesendet. Kurios: Derzeit versuchen zwei amerikanische Unternehmen, die Mediensparte der Firma „Century Fox“zu übernehmen. Ob die Fox-Nachrichten dann noch die Lieblingssendung der amerikanischen Konservativen bleiben?
Europa und China müssen reagieren. Das kann sich nicht auf Zölle für knatternde Motorräder und klebrige Erdnussbutter beschränken. Denkt man die Entwicklung zu Ende, entsteht eine Handelszone um Amerika herum. „America alone“, Amerika allein. Mal abwarten, wann der Sender Fox und sein Präsident das merken.