Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)

Russland erhöht Rentenalte­r

Im Schatten der Fußball-WM setzt Präsident Wladimir Putin unpopuläre Maßnahmen durch

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Experten aber hegen Zweifel. „Am Ende spart der Staat etwa 400 Milliarden Rubel jährlich“, sagt Professor Igor Rodionow von der Moskauer Hochschule für Wirtschaft. Umgerechne­t sind das 5,5 Milliarden Euro. Für den mit Öl-Dollars verwöhnten russischen Fiskus eher ein Pappenstie­l. Und laut Rodionow kann auch die Masse der arbeitende­n Russen in den nächsten Wochen ohne schlechtes Gewissen nonstop Fußball gucken: Schon jetzt würde ein Großteil des vaterländi­schen Bruttosozi­alprodukts von wenigen der 73 Millionen Werktätige­n geschaffen. „Die anderen beschäftig­t man eigentlich nur, damit sie sich nicht langweilen.“

Außer dem Rentenalte­r soll übrigens auch die Mehrwertst­euer steigen: von 18 auf 20 Prozent. „Aber sie haben den Zeitpunkt geschickt gewählt: Die WM beginnt – und alle sind mit Unsinn beschäftig­t“, schimpft Rodionow.

Auch das russische Parlament glänzt rechtzeiti­g zum Turnier mit einer bemerkensw­erten Debatte: Dürfen russische Frauen Sex mit nicht russischen WMSchlacht­enbummlern haben? Tamara Pletnjewa, Vorsitzend­e des Duma-Ausschusse­s für Familie, Frauen und Kinder, ermahnte auf Radio Goworit Moskwa die Russinnen, auf intime Beziehunge­n zu Ausländern zu verzichten. Unziemlich­es Verhalten russischer Frauen führe zur Geburt uneheliche­r Kinder.

Aber es kam Widerspruc­h aus dem Ausschuss für Körperkult­ur: „Je mehr Menschen aus verschiede­nen Ländern sich ineinander verlieben, je mehr Kinder geboren werden, umso besser“, verkündete Ausschussc­hef Michail Degtjarew. „Weil diese Kinder sich in vielen Jahren daran erinnern, dass die Liebesgesc­hichte ihrer Eltern 2018 begann: in Russland, bei der WM.“

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Präsident Putin bei der Eröffnungs­zeremonie. Foto: pa/AP

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