Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Wie das Schauspiel, so die Schwalbe: Nicht übertreiben!
Intendant Steffen Mensching über Parallelen zwischen Spielfeld und Bühne, Fangesänge und seine Favoriten
dass man mit dem Schiedsrichter nicht diskutieren darf. Man riskiert eine gelbe Karte und bekommt sowieso nicht recht. Sie tun es aber trotzdem, ob es millionenschwere Profis ist, oder Amateure im Dorfclub. Es geht nicht um Leben und Tod, es ist nur ein Spiel, aber sie geraten in einen geradezu tragödischen Zorn. Das erzählt viel von der menschlichen Lust, sich in einen Wettbewerb zu begeben, sich zu engagieren als ginge es um alles. Wir brauchen Felder, um das auszuleben.
Und wir brauchen Heldengeschichten. Es gibt sogar ein Bühnenstück über Philipp Lahm.
Wir hatten in Rudolstadt auch mal ein Fußball-Stück gemacht: „Der Aufstieg der Amateure“, es ging um einen Provinzclub „Motor Eppelstädt“, der gegen einen Bundesligisten den Pokal gewinnt. „Motor Eppelstädt“war ein bisschen das Äquivalent zu unserem Verein „Einheit Rudolstadt“. Ich hatte damals für das Stück Fangesänge geschrieben.
Lassen Sie hören!
„Motor, Motor, du musst laufen, alle trinken, nur wir saufen.“Die Fans von „Einheit Rudolstadt“haben es umgedichtet in „Einheit, Einheit du musst laufen...“, sie singen das heute noch. Ich bin immer sehr stolz. wenn ich das höre. Ein schönes Beispiel, wie Dichtung ins Volk getragen werden kann.
Wirklich eindrucksvoll. Ein Rat, wie sich Fangesänge dramaturgisch noch besser inszenieren ließen?
Ich war kürzlich bei einem Spiel in Jena, das war schon sehr kraftvoll. Echte Fans machen das gut, da könnte sich mancher Theaterchor etwas abgucken.
Ist man als Intendant manchmal neidisch auf die emotionale Macht des Fußballs? Ach nein, wenn im Theater die Leute mitgehen, wenn es am Ende enthusiastischen Applaus gibt, bestätigt uns das. Wer wirklich neidisch sein muss, sind die armen Zehnkämpfer oder Kugelstoßer. Sie tragen ihre Wettkämpfe vor einer Handvoll Leuten aus, obwohl sie genauso hart und leidenschaftlich trainieren.
Ein Tipp vom Fachmann, wie man überzeugend eine „Schwalbe“gibt?
Wie beim Schauspiel: Nicht zu sehr übertreiben. Es gibt Spieler, die beherrschen das sehr gut. Ich finde, solche schauspielerische Leistung kann man ruhig auch honorieren.
Und jetzt ganz im Ernst: Wen sehen Sie bei der WM vorn?
Die Lateinamerikaner werden stark sein. Brasilien sowieso, aber auch Peru, Mexiko, Argentinien, Uruguay haben interessante Teams. Ich bin gespannt und freue mich auf die WM.