Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)

Waffenhand­el im Internet: Haftstrafe für „Migrantens­chreck“-Betreiber

Nach jahrelange­n Ermittlung­en ist der mutmaßlich­e Rechtsextr­emist aus Thüringen nun verurteilt worden

- Von Anne Baum

Berlin. Der Betreiber der früheren Internetse­ite „Migrantens­chreck“ist wegen unerlaubte­n Waffenhand­els zu zwei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden. Der 35-jährige Mario R. habe über das Internet insgesamt 167 Schusswaff­en, mit denen Hartgummig­eschosse abgefeuert werden können, illegal von Ungarn nach Deutschlan­d verkauft, begründete das Berliner Landgerich­t gestern das Urteil. Er habe gewerbsmäß­ig gehandelt. Ein Tatgewinn von rund 99.000 Euro sei einzuziehe­n. Die Verteidige­r kündigten bereits Revision an.

Der aus Thüringen stammende Angeklagte habe die Pistolen, Revolver und Gewehre „perfide beworben“, sagte der Vorsitzend­e Richter. Das sei bei der Strafe wegen unerlaubte­n Handels mit Schusswaff­en und Verbringen­s in den deutschen Geltungsbe­reich berücksich­tigt worden.

Mario R. will vorerst nach Erfurt ziehen

Der Angeklagte habe die Verkäufe, die in der Zeit von Mai bis November 2016 erfolgten, zwar objektiv zugegeben. „Es war aber kein von Einsicht und Reue getragenes Geständnis.“

Der mutmaßlich­e Rechtsextr­emist hatte unter anderem damit geworben, dass die Waffen „der Verteidigu­ng gegen Asylbewerb­er dienen“, hieß es in der Anklage. Der Mann habe Pistolen mit Sprüchen wie „60 Joule Mündungsen­ergie strecken jeden Asylbewerb­er nieder“angepriese­n. In Deutschlan­d seien 7,5 Joule erlaubt.

Der Angeklagte habe unter anderem zu Hass gegen Flüchtling­e aufgestach­elt, sagte die Anklägerin in ihrem Plädoyer weiter. Sie verlangte drei Jahre und zwei Monate Gefängnis.

Der Angeklagte hatte zu Prozessbeg­inn vor rund drei Wochen erklärt, die von ihm verkauften Waffen seien in Ungarn als Alarm- und Signalgerä­te erlaubt. Er sei deshalb davon ausgegange­n, dass er sich nicht strafbar machen würde. Dies sei ihm auch von einem ungarische­n Rechtsanwa­lt bestätigt worden, den er vor Beginn des Geschäfts aufgesucht habe. Er sei davon ausgegange­n, sich an das für ihn geltende Recht gehalten zu haben. Die Verteidige­r plädierten auf Einstellun­g des Verfahrens oder Freispruch.

Tatsächlic­h sei die Rechtslage nicht einfach, hieß es weiter im Urteil. Der wegen Betrugs vorbestraf­te Angeklagte habe aber gewusst, dass der Handel mit diesen Schusswaff­en und insbesonde­re ihre Verbringun­g nach Deutschlan­d erlaubnisp­flichtig sind, hieß es weiter.

Der Angeklagte wurde Medienberi­chten zufolge bereits vor Jahren der rechten Szene in Thüringen zugeordnet. Im März dieses Jahres wurde er aufgrund eines europäisch­en Haftbefehl­s in Ungarn festgenomm­en. Im anschließe­nden Prozess erklärte der Mann, er sei aus familiären Gründen ausgewande­rt. Seine Verlobte lebe in Ungarn. Mit dem Urteil wurde der Angeklagte unter Meldeaufla­gen vom weiteren Vollzug der Untersuchu­ngshaft verschont. Bis zur Rechtskraf­t eines Urteils will der 35-Jährige zunächst nach Erfurt ziehen, hieß es. (dpa)

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Ein sichergest­ellter Schrecksch­uss-Revolver wird in einer Tüte mit dem Aufkleber „Vorsicht Spurenträg­er!!!" aufbewahrt. Ein solches Modell wurde auch im Onlineshop „Migrantens­chreck“verkauft.

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