Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Krankenkasse schickt Patienten zum App-Doktor
TK-Versicherte sollen Diagnose-Algorithmus „Ada“nutzen können. Ärzte warnen vor Umgehung des Vertragsarztsystems
Erfurt. Um körperliche und seelische Beschwerden abzuklären, führt die Handy-App „Ada“des deutschen Anbieters Ada Health die Nutzer durch einen Fragekatalog, aus den Antworten werden Diagnosen erstellt.
Die Techniker-Krankenkasse will „Ada“nun ihren Versicherten empfehlen. Ab 2019 soll der Algorithmus schrittweise in die Anwendung „TK-Doc“integriert werden. Auf der Homepage der Kasse heißt es dazu, Nutzer der App könnten ohne Arzttermin Beschwerden eingeben und würden dann über digitale Versorgungsangebote der TK informiert. Arztgespräche sollen Mediziner des TK-eigenen Ärztezentrums übernehmen.
Letzteres aber stößt bei Ärzten auf Widerspruch. Bei der Landesärztekammer warnt man vor einer Unterhöhlung des Vertragsarztrechts und der freien Arztwahl. „Zahlreiche Patienten werden dieses Instrument nutzen wollen. Aus Sicht der Landesärztekammer ist dabei wichtig, dass alle diese Möglichkeiten nur eine Ergänzung im bestehenden System der Gesundheitsberatung, der Diagnoseerstellung und Therapieempfehlung sein können“, sagt Kammerpräsidentin Ellen Lundershausen. Der unmittelbare ArztPatienten-Kontakt in Beratung und Behandlung von Patienten bleibe nach wie vor Goldstandard. „Der Arzt – Auge in Auge – unmittelbar gegenüber dem Patienten ist letztlich durch nichts zu ersetzen“, so Lundershausen.
Alarmiert ist man auch beim Virchow-Bund der niedergelassenen Ärzte. „Am Ende dieser Angebote muss immer ein Vertragsarzt stehen, sonst handelt es sich faktisch um eine Kündigung der Kollektivverträge und um die Übernahme des Sicherstellungsauftrages durch die Krankenkassen“, sagt der Bundesvorsitzende Dirk Heinrich.
Laut Annika Landgrebe, Sprecherin der TK in Thüringen, ersetzt „Ada“nicht die Diagnostik durch einen Arzt. 95 Prozent der Patienten suchten aber bereits jetzt Informationen über Suchmaschinen. „In Thüringen, mit seinen hohen Fallzahlen in der ambulanten Medizin, kann Ada niedergelassene Ärzte bei der Behandlung in der Praxis gut unterstützen“, so Landgrebe.