Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Von Rostow bis New York City
Menschen aus fünf Nationen, die in unserer Region leben, erzählen von ihren Silvesterbräuchen
Bad Blankenburg. Jedes Land hat andere Traditionen, Rituale und Bräuche, um den Jahreswechsel zu zelebrieren. Während wir in Deutschland mit Feuerwerk, Bleigießen und Dinner for One das neue Jahr begrüßen, feiert man anderswo teils viel ausgefallener. Wir verraten, warum in den Vereinigten Staaten eine große Countdown-Kugel den Jahreswechsel begleitet, Brasilianer baden gehen und Russen zehn Tage lang feiern.
Es ist Samstagvormittag im Bildungszentrum Harfe. Ein Ort, an dem sich Leute aus vielen Nationen versammeln und ins Gespräch kommen. Einige leben bereits seit einiger Zeit in Bad Blankenburg. Jeder von ihnen feiert auf seine eigene Weise. Alexander Schaller aus dem US-Bundesstaat Ohio sagt: „Grundsätzlich feiern Amerikaner Silvester ganz ähnlich wie Europäer. Viel Party und ein Feuerwerk sind dafür unerlässlich. Wer ein absolutes SilvesterHighlight erleben möchte, sollte nach New York fahren. Die Zeit bis zum Jahreswechsel wird hier von einer großen CountdownKugel begleitet, die sich langsam senkt, je näher das neue Jahr rückt. Das Feuerwerk ist pompös und eine halbe Million Gäste feiern auf dem Time Square. Bei uns zu Hause ist es dagegen ruhig. Nach Mitternacht gehen die meisten zu Bett, das unterscheidet uns von anderen“, sagt der 25-Jährige und schmunzelt.
Seine Frau Milena stammt aus Rostow am Don. Sie verrät, dass Silvesterfeiern in Russland dem deutschen Weihnachtsfest ähneln. Hintergrund: Zur Zeit der Sowjetunion wurden alle religiösen Feste verboten, was die Wertschätzung für andere Feiertage erhöht hat. Für die Russen ist Silvester ein Höhepunkt. An diesem Tag wird der Tannenbaum geschmückt, der unserem Weihnachtsbaum ähnlich ist. Die Bescherung findet ebenfalls an Silvester statt. Heiligabend feiert man am 6. Januar. Da Weihnachten das größte religiöse Fest darstellt, findet in allen Kirchen in der Nacht auf den 7. Januar eine große Festmesse statt.
Am heißen Strand von Rio ins neue Jahr tanzen
Die eigentlichen Feierlichkeiten beginnen in vielen Familien am frühen Abend. „Die ganze Familie, Freunde und Nachbarn kommen an einer langen, reich gedeckten Tafel zusammen und stimmen sich auf Mitternacht ein. Die Gerichte schmecken deftig und stammen aus der traditionell russischen Küche: Das Spektrum reicht vom berühmten Erbsen-Kartoffelsalat ‚Olivje‘ über ‚Heringe im Pelzmantel‘ bis hin zu Buletten und Eintöpfen. Das Schöne ist, dass ich zweimal beschenkt werde. Am 25. Dezember ist bei uns amerikanisches Weihnachten und Silvester russisches“, sagt die 27jährige Milena.
Auch Fidel und Rhaissa sind ein Paar. Beide kommen aus Brasilien. Silvester in Brasilien ist einer der schönsten Tage des Jahres. Ob aus religiösen, spirituellen oder rein persönlichen Gründen, die Brasilianer nehmen die Begrüßung des neuen Jahres sehr ernst, veranstalten große Feiern und nehmen an einer Reihe von Ritualen und Traditionen teil.
Eine der berühmtesten Silvesterpartys der Welt findet direkt am Copacabana-Strand in Rio de Janeiro statt. Sie beinhaltet immer Live-Musik, darunter einige der größten Künstler Brasiliens, und ein 19-minütiges Feuerwerk ab Mitternacht. „In den größeren Städten sucht man sich beliebte Bauwerke, wie etwa Brücken aus, von denen das Feuerwerk gestartet wird. Dafür ist dann die jeweilige Stadt verantwortlich. Man trifft sich mit Freunden am Haus der Großeltern, jeder bringt etwas zu essen mit. Danach geht’s gemeinsam an den Strand“, sagt Fidel. „Um zehn gehen alle in die Kirche. Vor Mitternacht werden die Lichter gelöscht und zehn Sekunden vor 24 Uhr wird gemeinsam gezählt, bevor dann das Licht zum Jahreswechsel wieder erstrahlt“, fügt Rhaissa hinzu.
Naasir kommt aus Afghanistan und sagt: „In meinem Heimatland haben wir einen anderen Kalender als die westliche Welt, den Sonnenkalender. Wenn drei Monate Winter vorbei sind, dann kommt Nouruz und läutet das neue Jahr ein. An Nouruz, wie der deutsche Name Tagundnachtgleiche verrät, dauern Tag und Nacht gleich lang. Für uns beginnt damit der Frühling.“
Und Simon teilt mit, dass Neujahr 2019 ein gesetzlicher Feiertag in ganz Eritrea ist. Lange vor Europa haben bereits Millionen Menschen im Pazifikraum, Australien und Asien das neue Jahr gefeiert. Meist laut und farbenprächtig.