Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)
Solaranlage mieten statt kaufen: Lohnt sich das?
Mit Photovoltaik-Panels lässt sich langfristig viel Geld einsparen, doch davor steht eine größere Investition. Experten erklären Alternativen
Berlin. Die Energiewende hat in Deutschland längst begonnen – und nicht nur im Heizungskeller. Auch auf Hausdächern werden immer öfter Photovoltaikanlagen gebaut. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren im März 2023 in Deutschland auf Dächern und Grundstücken gut 2,6 Millionen Photovoltaikanlagen installiert.
Das waren 16 Prozent oder rund 400.000 Anlagen mehr als im März 2022. Insbesondere die steigenden Energiekosten haben viele Interessenten von PV-Analgen hellhörig gemacht. Was viele bisher jedoch noch abschreckt, sind die hohen Investitionskosten. Die Lösung könnte lauten: mieten statt kaufen. Doch für wen lohnt das? Ein Energieexperte erklärt die Vor- und Nachteile.
Allein das Solarunternehmen Enpal installiert derzeit nach eigenen Angaben mehrere Tausend Anlagen – jeden Monat. „Wir haben insgesamt bisher über 50.000 Solaranlagen vermietet“, erklärt Wolfgang Gründinger, sogenannter Chief Evangelist – eine Art Unternehmenssprecher – unserer Redaktion. Das Berliner Start-up ist in den vergangenen Jahren so stark gewachsen, dass es als erstes grünes Einhorn Deutschlands gilt, also als Unternehmen mit einem geschätzten Wert von mehr als einer Milliarde Euro.
Start-up Enpal vermietet Zehntausende Solaranlagen
Es ist zwar nicht das einzige Unternehmen, das Solaranlagen, Speicher und Ladestationen vermietet – daneben gibt es beispielsweise noch Zolar, Yello oder Sunvigo. Enpal ist aber das größte. Will man auf seinem Dach oder Grundstück eine eigene PV-Ablage bauen, muss man mit hohen Investitionskosten rechnen. Wie hoch die genau sind, hängt von der Größe der Anlage ab, aber es geht schnell in die Zehntausende Euro.
Enpal-Chief-Evangelist Gründinger rechnet für sein Unternehmen vor: „Eine durchschnittliche Anlage mit 10 Kilowattpeak (kWp) Solarleistung und 10 Kilowattstunden (kWh) Speicherkapazität kostet 26.930 Euro zum Kauf oder 231 Euro zur Miete.“Was sich auf den ersten Blick verführerisch liest, kann bei genauerem Hinsehen jedoch schnell ein Minusgeschäft werden. Denn am Ende gilt: „Die gemietete PV-Anlage kostet erheblich mehr als die, die gekauft ist“, sagt Martin Brandis von der Energieberatung der Verbraucherzentrale. PVAnlagen mietet man nicht nur für zwei, drei Jahre. „Der Mietvertrag für eine PV-Anlage läuft häufig über 20 Jahre. Das ist eine richtig lange Laufzeit“, sagt Brandis. Bei genauer Betrachtung zeigt sich also: Die Kosten
verschieben sich – und läppern sich über die Zeit.
Nach 20 Jahren gemieteter EnpalPV-Anlage auf dem Dach, in denen monatlich mehr als 200 Euro Miete gezahlt werden müssen, wären zum Vertragsende dann mehr als 55.000 Euro Mietkosten entstanden. Zum Vergleich: Die Verbraucherzentralen raten Käufern, im Jahr etwa 200 Euro für Wartung und Reparaturen zur Seite zu legen. Auf 20 Jahre macht das rund 4000 Euro; insgesamt also deutlich weniger als beim Mieten.
„Dafür versprechen die Anbieter auch ein Rundum-sorglos-Paket“, sagt Energieexperte Brandis über die Miet-Branche. „Der Vermieter der Anlage baut sie dem Mieter aufs Dach, und anschließend muss sich der Mieter um nichts mehr kümmern. Das heißt, er hat dann einfach nur den Strom und muss keine Netzbetreiber benachrichtigen und keine Formulare oder das Marktstammdatenregister ausfüllen. Und wenn etwas kaputt geht, dann muss der Vermieter der Solarstromanlage ran und die Reparatur vornehmen. Das ist für den Vermieter ein Aufwand, der bei den Kosten mitkalkuliert wird.“
Auf Wunsch verkauft Enpal den überschüssigen Strom – und verspricht dafür sogar einen Erlös von 16 Cent je Kilowattstunde, also doppelt so viel wie die gesetzliche Einspeisevergütung. Das könnten laut Chief Evangelist Gründinger „zusätzlich circa 500 Euro pro Jahr“sein. Insgesamt wurden durch den Betrieb von Photovoltaikanlagen laut Statistischem Bundesamt vergangenes Jahr gut 54,3 Millionen Megawattstunden Strom ins deutsche Netz eingespeist – eine Zunahme von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2021 hatte die Netzeinspeisung von Photovoltaikanlagen bei rund 45,3 Millionen Megawattstunden gelegen.
„Das Mieten einer PV-Anlage richtet sich natürlich erst mal an die, die jetzt im Moment nicht gerade einen fünfstelligen Betrag zur Verfügung haben, um eine zu kaufen. Die müssten sie dann nämlich im Zweifel finanzieren, und Finanzierung kostet ja auch erst mal Geld, sie müssen dann einen Kredit aufnehmen, dafür Zinsen bezahlen“, sagt Brandis. Er rät zu besonderer Vorsicht, insbesondere bei Vertragsfragen.
„Aufpassen sollte man bei Fragen im Kleingedruckten des Vertrags: beispielsweise im Schadensfall. Sie haben Unwetterschäden – was ist dann in der Zeit, in der die Anlage repariert werden muss? Das ist natürlich Sache des Vermieters, aber die Anlage produziert dann keinen Strom, es gibt also keine Einnahmen, wie ist das dann mit der Miete?“Hier müsse man sich den Vertrag genau anschauen, so Brandis. „Und was ist eigentlich, wenn man sein Haus verkaufen will? Ist der Käufer dann weiter an den Vertrag gebunden oder muss er den Vertrag mitverkaufen?“
Er rät deshalb sowohl beim Kauf als auch bei der Miete dazu, sich immer mehrere Angebote verschiedener Firmen einzuholen und im Zweifel zu einer unabhängigen Energieberatung zu gehen. „Es lohnt sich immer, Vergleichsangebote miteinzubeziehen. Betreiben Sie den Aufwand! Es geht um viel Geld.“
Auch der Kauf der PV-Anlage nach der Vertragslaufzeit kann zu ungewollten Situationen führen. Der Energieexperte erklärt: „Sie sollten in Erwägung ziehen, dass in 20 Jahren Ihre Anlage ausgemustert wird. Wenn Sie anschließend, wie es einige Anbieter vorsehen, die Anlage dem Vermieter abkaufen, kann es im schlimmsten Fall sein, dass Sie die Anlage auf dem Dach nicht mehr nutzen können und für den Abbau der Anlage selbst bezahlen müssen.“Sein Fazit: „Im Moment würde ich aus Kostengründen eher davon abraten, eine PV-Anlage zu mieten.“