Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)
Die Ostfriesische Rose stammt aus Thüringen
Rudolstädter Heidecksburg erzählt anhand Ahlers Collection Porzellangeschichte des Freistaats
Zur langen ostfriesischen Teetradition gehört die Ostfriesische Rose. Sie ziert das typische Teegeschirr der Norddeutschen, stammt aber aus Thüringen. Auf den Markt gebracht wurde das rote Blumendekor einst von der Wallendorfer Porzellanmanufaktur. Durch Händler bis in den Nordwesten Niedersachsens vertrieben, stehen derlei Tassen und Kannen bis heute in vielen Küchenschränken. Geschichten wie diese erzählt ab Freitag, 1. September, die neue Ausstellung im Residenzschloss Heidecksburg in Rudolstadt. Unter dem Titel „Typisch, höfisch, göttlich, köstlich“präsentiert die Sonderschau Thüringer Porzellane des 18. Jahrhunderts der Ahlers Collection. Der norddeutsche Textilunternehmer Jan A. Ahlers hat eine beachtliche Sammlung an historischen Gebrauchsporzellanen und Figuren zusammengetragen. Die Heidecksburg erhielt 2016, drei Jahre nach seinem Tod, den 100 Umzugskartons umfassenden Schatz als Dauerleihgabe.
Anregung zum höfischen Small Talk
Wie das Motto andeutet, hat Kuratorin Jeanette Lauterbach die Schau in vier Bereiche unterteilt und in die Dauerausstellung integriert. Den Anfang macht in der Porzellangalerie der Abschnitt „Typisch“. Die Vorliebe der Thüringer Porzelliner für purpurne Dekore beschränkt sich damals nicht nur auf die Ostfriesische Rose. Auf den Kannen und Tassen gestalten sie von Hand auch anderweitige rote Blumenmalereien und Landschaftsszenen.
In Thüringen konzentrieren sich bis heute relativ viele Porzellanmanufakturen auf kleinem Raum. Ähnlich der Theaterlandschaft geht diese Fülle auf die einstige kleinstaatliche Struktur zurück. Denn hiesige Regenten wollen seinerzeit mit einer eigenen Manufaktur auf ihrem Boden renommieren. Im Gegensatz zu Meißen richten sich die Thüringer Firmen, etwa aus
Volkstedt, Closter Veilsdorf, Limbach oder Wallendorf, an breitere Bevölkerungsschichten. „Es wurde in Massen produziert, gerade Geschirrporzellan“, sagt Kuratorin Lauterbach. Als Inspirationsquelle dient oft die sächsische Konkurrenz.
Unter der Überschrift „Höfisch“werden Porzellanschätze gezeigt, die im Rokoko die Hoftafeln zierten. Neben dem ersten Thüringer Servicetyp finden sich hier auch zahlreiche Porzellanfiguren. Sie greifen verschiedene Themen auf,
etwa Berufsstände und bäuerliches Leben, aber auch die komischen Figuren der Commedia dell’arte. „Zur Unterhaltung brauchte man Gesprächsthemen“, erzählt Lauterbach. Und die lieferten die hübschen Tafeldekorationen.
Die Räumlichkeiten zum Thema „Göttlich“veranschaulichen einen neuen Zeitgeschmack: Mit den archäologischen Entdeckungen im südlichen Italien werden die Geschirrformen strenger. Es kommen beispielsweise zylindrische Gefäße mit eckigen Henkeln in Mode. Vor
allem in Gotha versteht man sich damals auf die Produktion klassizistischer Porzellane. Die Welt der Porzellanfiguren bevölkern zudem antike Gottheiten. Auffallende Einzelstücke sind im letzten Bereich „Köstlich“zu entdecken. Getreu dem Spruch „Coffeum wirft die Jungfrau um“lud man in Adelskreisen gern zum exklusiven wie romantischen Kaffeegenuss ein.
Eröffnet wird die Schau am heutigen Freitag, 18 Uhr.
Sie ist bis 28. April 2024 zu sehen.