Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)
Historisches Spuren-Gemenge für die Zukunft
Kunstverein Jena zeigt bis 14. Oktober die Ausstellung „Blühende Landschaft“
Jena. Am Vortag der deutschen Einheit prägte Bundeskanzler Helmut Kohl in einer Ansprache den Topos der „Blühenden Landschaften“. Nun macht sich der Vorsitzende des Jenaer Kunstvereins und Kurator, Robert Sorg, mit einer Ausstellung auf die Suche nach Resultaten. Zehn Kunstschaffende haben dazu mittels Videoarbeiten, Grafiken, Zeichnungen, Fotografien und Installationen die Gegenwart befragt und der Vergangenheit erinnert. „Es geht auch um die derzeitige aufgeheizte Stimmung, um eine Unzufriedenheit. Die setzen wir in Bezug zu den Zuständen vor 1989 und fragen, vor welchen Herausforderungen wir heute stehen“, erklärt Robert Sorg.
Verschwundenes wird in Erinnerung gerufen
Der untere Ausstellungsraum der Galerie widmet sich den Themen Abriss, Erinnern, Verschwinden. Susanna Hanna aus Erfurt hat in ihrem Film „remembering brühl“den Rückbau der drei großen Hochhäuser am Leipziger Brühl im Jahr 2007 dokumentiert. Aus den 50 Stunden Material hat sie 2017 eine 23-minütige Videoarbeit gefertigt.
Um Rückbau geht es auch in Susann Maria Hempels Dokumentarfilm „Der große Gammel“. Die Künstlerin fotografierte den Abriss des Theaters in Greiz 2011 in verschiedenen Stadien und setzte die Dia-Positive chemischen Verätzungen oder Feuer aus. Der Zerfall wurde digital dokumentiert. Entstanden ist ein präzise in Bild und Ton abgestimmter Film, der beide Zerstörungsprozesse zusammenführt.
Christof Zwieners Installation „Historische Kontaminationen“ist ein absurdes Zeitzeugnis aus einem Lager für die Inneneinrichtung aus dem ehemaligen Palast der Republik in Berlin – ein Gemenge aus Staub, Blättern, Tierkot, Zigaretten.
Tobias Gellsched, 1983 in Pößneck geboren, ist mit drei Abzügen eines mehrfarbigen Holzschnitts vertreten. Seine Arbeit zeigt ein baufälliges Gebäude aus Halle mit weggebrochenen Außenwänden, abgeplatztem Putz und eingestürzten Deckenbalken. Kurze Zeit später wurde auch dieses Haus weggerissen. Auch die für diese Ausstellung namensgebende Rede Kohls kann von den Besuchern rekapituliert werden und bildet einen Kontrast zum Lied „Scheiß DDR“(2015) der Punkband Pisse aus Hoyerswerda.
„Der obere Raum ist den Herausforderungen im Jetzt gewidmet“, erklärt der Kurator und verweist auf die fünf beleuchteten Stero-Fotografien des Künstlerduos Made by us zum Uranabbau in Ostthüringen und der Transformation der Landschaft. Daneben hat der Kurator vier Fotografien der Serie „Auslage“von Frenzy Höhne gestellt. Arbeiten, die wie Szenen aus einer Geisterstadt wirken: Menschen stehen in einer Schlange vor verlassenen Geschäften. In einer weiteren Videoarbeit nähert sich Gökçen Dilek Acaydem dem Thüringer Wald und den dort lebenden Menschen, die über ihre Heimat und Weltgeschichte erzählen. Ebenfalls im Thüringer Wald siedelt Christoph Blankenburg seine Videoarbeit an. Er tritt wie eine Kunstfigur inmitten dieses romantischen Umfelds auf und in einen Dialog mit ihm.
Vernissage: 1. September, 19 Uhr. Geöffnet: Mittwoch bis Samstag, 12-16 Uhr; Donnerstag, 12-19 Uhr, freier Eintritt.