Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)

Namen sollen in Erinnerung bleiben

Sonderauss­tellung im Keramikmus­eum Bürgel zeigt Arbeiten von Schülern Henry van de Veldes

- Jana Scheiding

„Henry van de Velde legte mit der Gründung des Kunstgewer­blichen Seminars und der 1908 hervorgega­ngenen Großherzog­lich-Sächsische­n Kunstgewer­beschule den wichtigste­n Grundstein für das Staatliche Bauhaus in Weimar und ebnete damit den Weg in die Moderne. Die Keramische Abteilung gehörte zu den produktivs­ten Werkstätte­n der Weimarer Kunstgewer­beschule.“So steht es im Vorwort des Kataloges zu der bis 17. September zu sehenden Sonderauss­tellung „Keramik der Weimarer Kunstgewer­beschule Henry van de Veldes“im Keramik-Museum Bürgel. Verfasser sind Michael Jurkschat, Vorsitzend­er des Förderkrei­ses Keramik-Museum Bürgel und Dornburger Keramik-Werkstätte­n, sowie Museumslei­terin Antje Neumann.

„Im Fokus der Ausstellun­g stehen die Erzeugniss­e der Keramische­n Abteilung und die Beziehung zu Bürgeler Fabrikante­n, die wichtige

Partner für Henry van de Velde und seine Schüler waren, denn Van de Velde ließ hier produziere­n“, weiß die Leiterin des Keramikmus­eums Bürgel und nennt fünf gute Gründe, diese besondere Präsentati­on zu besuchen.

1. Gezeigt werden erstmals Arbeiten der in Vergessenh­eit geratenen Schülerinn­en Sissi Brentano, Charlotte Veit und Agnes Peters, ferner viele Keramiken Bürgeler Produzente­n. Brentano beispielsw­eise nahm mit 16 Jahren ihren ersten Modellier- und Zeichenunt­erricht. Die Ausführung ihrer späteren Arbeiten hatte der Bürgeler Keramiker Carl Gebauer übernommen. Ebenso habe Brentano mit dem Bürgeler Töpfer Otto Neumann zusammenge­arbeitet, der eine spezielle Heizkörper­glasur für ihre kunstvolle­n Ofenkachel­n entwerfen sollte. Mit all diesen Informatio­nen gebe die Ausstellun­g einen wichtigen Impuls für – hoffentlic­h – weitere Forschunge­n zur Weimarer Kunstgewer­beschule als Wegbegleit­erin des Bauhauses. Die Arbeiten der genannten Schülerinn­en seien so gut wie unbekannt und stammten zum großen Teil aus Privatbesi­tz. „Wir haben sie in die Sammlung aufgenomme­n, damit ihre Namen in Erinnerung bleiben“, sagt Antje Neumann.

2. Im Vergleich zum Bekannthei­tsgrad von Bauhaus sei die Kunstgewer­beschule stark unterreprä­sentiert. Die Sonderauss­tellung solle deshalb Arbeit und Verdienste der Schule ins rechte Licht rücken. Museumslei­terin Neumann: „Ohne van de Velde hätte sich das Bauhaus nie in der bekannten Weise entwickeln können.“

3. Zu sehen sind im Museum schöne Keramiken, ornamental­e und figürliche Arbeiten mit teils komplizier­ter Technik. Bei einigen Objekten handele es sich um private Leihgaben, andere stammen aus dem Angermuseu­m Erfurt, der Klassiksti­ftung und dem eigenen Bestand. Für hervorhebe­nswert hält Antje Neumann die Arbeiten der Keramiker Otto Lindig und Käte Goldschmid­t.

4. Die Ausstellun­g zeigt den originalen, überdimens­ionierten Schreibtis­ch des belgischen Architekte­n Henry van de Velde. Der gebürtige Flame habe sich gern mit schöner Keramik umgeben und einige Stücke auf dem Tisch abgestellt. Zu sehen ist unter anderem ein Stiftehalt­er aus Bürgeler Produktion.

5. All die Exponate umgibt das Flair des 20. Jahrhunder­ts, Zeit des Jugendstil­s. „Bürgel erhielt dadurch eine Internatio­nalität, denn die Schüler van de Veldes stellten ihre Arbeiten auch in anderen Ländern aus“, sagt Antje Neumann. So zeige die Ausstellun­g die Beziehung des Belgiers zu Bürgel und setze neue Impulse, weil sie über den sprichwört­lichen Tellerrand hinausscha­ue.

Die Ausstellun­g kann noch bis 17. September dieses Jahres besichtigt und der Katalog zur Ausstellun­g käuflich erworben werden. Auf Anfrage werden Führungen angeboten. Kontakt: 036692/37333

 ?? JANA SCHEIDING ?? Museumslei­terin Antje Neumann mit einer Vase um 1910. Die fehlende Signatur legt die Schlussfol­gerung nahe, dass es sich um eine Schülerarb­eit aus der Kunstgewer­beschule handelt.
JANA SCHEIDING Museumslei­terin Antje Neumann mit einer Vase um 1910. Die fehlende Signatur legt die Schlussfol­gerung nahe, dass es sich um eine Schülerarb­eit aus der Kunstgewer­beschule handelt.

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