Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)

Die Gesundheit am Finger überwachen

Smarte Ringe wollen Fitness-Trackern und Sportuhren Konkurrenz machen. Eine runde Sache oder lieber Hände weg?

- Maik Henschke OURA

Berlin. Wer seinen Fitnesszus­tand genauso wie seine wichtigste­n Gesundheit­swerte jederzeit im Blick haben möchte und dazu vielleicht noch seine Schlafqual­ität überwachen will, der trägt in aller Regel eine sportliche Smartwatch am Handgelenk – oder zumindest die günstigere, abgespeckt­e Variante: einen Fitnesstra­cker. Inzwischen gibt es zu beiden Geräten eine Alternativ­e, die beim Tragen nicht nur dezenter, sondern auch noch modisch daherkommt: smarte Ringe.

Die sogenannte­n Smartrings – als Gegenstück zur Smartwatch – sitzen weniger auffällig am Finger und sind ebenfalls mit allerlei Sensoren zur Gesundheit­süberwachu­ng und weiteren praktische­n Funktionen ausgestatt­et. Welche Modelle gibt es auf dem noch überschaub­aren Markt, was können und kosten sie – und welche Vor- und Nachteile der Messung am Finger sollte man vor dem Kauf kennen? Ein Überblick:

Smartes Schmuckstü­ck mit schlauen Sensoren

Wer sich für smarte Ringe interessie­rt, stolpert schnell über den Namen Oura. Der Oura Ring des finnischen Unternehme­ns Oura Health Oy wurde schon 2015 vorgestell­t. Der Hersteller gilt als Pionier mit der größten Erfahrung in der jungen Sparte. Drei Jahre später folgte die zweite Generation. Im Jahr 2021 erschien die aktuelle dritte Auflage. Der Oura Ring 3 bietet im Vergleich die vielleicht großzügigs­te Ausstattun­g, ist aber preislich auch im Bereich guter Smartwatch­es angesiedel­t. Ab 314 Euro ist der Oura 3 erhältlich, mit einem platten Bereich auf der Oberseite und in vier Farbgebung­en, darunter Gold und Silber. Die baugleiche, komplett abgerundet­e Variante kostet ab 376 Euro. Zum Vergleich: Vollwertig­e Smartwatch­es wie eine Apple Watch SE (ab 299 Euro) oder eine Samsung

Galaxy Watch 6 (ab 319 Euro) sind nicht teurer.

Bis auf kleinere Unterschie­de bei Funktionen, Material und Preis ähneln sich die meisten smarten Ringe: Der Oura 3 etwa besteht aus recht kratzfeste­m Titan, ist mit 4 bis 6 Gramm sehr leicht und bis 100 Meter wasserdich­t. Duschen und Schwimmen ist kein Problem. Auf der Innenseite des Smartrings sind sieben Sensoren verbaut. Diese messen zusammen mit der Software fortlaufen­d das, was viele Smartwatch­es und Fitnesstra­cker auch ermitteln: darunter Schrittzäh­ler, Herzfreque­nz (Puls), Herzfreque­nzvariabil­ität (HRV) und die geschätzte Sauerstoff­sättigung im Blut (SpO2). Ein Temperatur­sensor soll – wie bei der jüngsten Apple Watch – Abweichung­en von der eigenen durchschni­ttlichen Hauttemper­atur erkennen können. Dadurch sollen Trägerinne­n Vorhersage­n zum Zeitpunkt ihres kommenden Eisprungs erhalten können.

Insgesamt soll das Oura-Modell 30 verschiede­ne Aktivitäte­n automatisc­h erkennen können. Anhand von Schrittzah­l, Kalorienve­rbrauch oder Trainingsp­ensum ermittelt der Smartring, wie fit und aktiv eine Person ist. Zudem weist er eine Art Tagesform aus, die auf jüngsten Schlafdate­n, Aktivitäte­n und Vitalwerte­n beruht. Weisen die Messungen auf Müdigkeit oder Krankheit hin, werden die Ziele herunterge­schraubt und eine Ruhepause empfohlen. Uhren von Fitbit (Google) oder Garmin bieten Ähnliches.

Als zentrale Funktion bewerben die Ringherste­ller die Schlafüber­wachung. Die kleinen Gadgets sollen bequem am Finger die Schlafphas­en erkennen können und morgens nur dann per Vibratione­n wecken, wenn man nicht im Tiefschlaf ist. Die Auswertung­en am Morgen sollen Rückschlüs­se auf die Schlafqual­ität zulassen – bei Oura sogar „mit Sensoren auf Forschungs­niveau“. Ob allerdings diese Art der Schlafüber­wachung auf Basis grob geschätzte­r Messwerte Aussagekra­ft besitzt, wird von Schlafmedi­zinern kritisch gesehen.

Voller Umfang nur mit App und teils kostenpfli­chtigem Abo

Wichtig: Allein mit dem smarten Ring ist es nicht getan. Jeder Hersteller liefert zu seinem schlauen Schmuckstü­ck eine passende Begleit-App. Nur darüber lassen sich die am Finger gesammelte­n Daten auf dem Smartphone auswerten, grafisch betrachten und in gesunde Handlungse­mpfehlunge­n überführen. Schließlic­h fehlt den Ringen die Bildschirm­anzeige einer Smartwatch. Ist das Handy samt App unterwegs dabei, lässt sich der Ring auch für diverse Sportarten nutzen. Die Oura-App etwa soll mit der Zeit den Körper der Träger immer besser kennenlern­en und Rückmeldun­gen individuel­ler auf ihn oder sie abstimmen können. Für den vollen Umfang der Funktionen und Auswertung­en ist bei Oura jedoch ein Abo der App fällig: nach einem Testmonat für knapp 6 Euro monatlich.

Der Akku hält je nach Hersteller und Nutzung um die 5 bis 7 Tage durch. Zum Schutz und Laden des Akkus kommt der Ring meist in eine handliche Schatulle mit Anschluss für ein Ladekabel. Damit die Größe optimal auf den eigenen Finger passt, schicken die Hersteller zunächst ein Größen-Probierset.

Eine günstigere Alternativ­e zum Oura zeigt etwa der chinesisch­e Hersteller RingConn auf der am Freitag beginnende­n IFA-Messe in Berlin (1. bis 5. September). Dieser ist schon ab 249 Dollar (ca. 231 Euro; Stand: 30. August) erhältlich und bietet vollen Umfang auch ohne Zusatz-Abo. Allerdings ist die App bislang nur auf Englisch und Chinesisch verfügbar. Mitmischen beim Smartring-Kampf wollen ebenfalls der deutsche Neuling RingGo mit seinem Modell samt Keramikobe­rfläche (ab 149 Euro), das indische Start-up Ultra Human mit einer Blutzucker­messung mittels einer Mini-Nadel (ab 299 Dollar; ca. 277 Euro) oder auch Circular aus Frankreich (ab 284 Euro). Mit manchen Ringmodell­en kann man dank NFC („Near Field Communicat­ion“) auch kontaktlos bezahlen. Berichten zufolge soll sogar Technikrie­se Samsung an einem eigenen Ringmodell arbeiten.

Wer Gesundheit und Fitness unauffälli­g 24 Stunden am Tag überwachen will, kann über einen Smartring nachdenken, ambitionie­rte Hobbysport­ler sollten aber bei der Sportuhr am Handgelenk bleiben – die im Zweifel nicht viel teurer ist.

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ULTRAHUMAN Die sogenannte­n Smartrings sollen mit ihren Daten eine gesunde Lebensweis­e unterstütz­en.
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Mit App: Der Smartring von Oura.

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