Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)
Auch mal eins mit dem Paddel
Zum elften Mal lud der Jenaer Kanu- und Ruderverein zum Kanupolo-Turnier
Jena. Die Wäscheschleuder erfreute sich größter Beliebtheit. Gefühlt war sie pausenlos im Einsatz. Im Laufe des Kanupolo-Turniers des Jenaer Kanu- und Rudervereins stand ein jedes Teammitglied mehrmals an der kleinen Gerätschaft vor dem Bootshaus des gastgebenden Vereins, um seine Wettkampfkleidung nach einer Begegnung auf der Saale – zumindest halbwegs – zu trocknen. Da standen nun die Athletinnen und Athleten aus u.a. Leipzig, Dresden, Rostock, Glauchau, Würzburg oder Berlin und hielten mit Muskelkraft dagegen, damit der Deckel der widerspenstigen Maschine nicht aufsprang. Mitunter erinnerte das Szenario an ein Prozedere, mit dem man die Tiefenmuskulatur beschwört.
„Wer hat schon Lust, sich feuchte Wettkampfbekleidung überzustreifen“, sinnierte indes Steffen Brandt, seines Zeichens Vorsitzender des Jenaer Kanu- und Rudervereins, während sich um die Schleuder ein paar Turnierteilnehmer samt ihrer feuchten Sportkluft versammelten und geduldig darauf warteten, die Maschine befüllen zu dürfen.
Am vergangenen Wochenende luden die Jenaer zur nunmehr elften Auflage ihres „Kanupolo-Turniers im Paradies“, an dem in Gänze zwölf Teams teilnahmen, wovon das Gros in dem idyllischen Vereinsareal mit Saalezugang zeltete. Es sei alles sehr familiär. Man kenne sich mitunter seit Jahren, sagte Steffen Brandt, der selbst mit einer Jenaer Mannschaft in das quirlig-feuchte Geschehen auf der Saale eingriff.
Man muss wie Superman sein
Seit 2008 widmet er sich dem Kanusport, seit 2012 dem Kanupolo. Innerhalb des Jenaer Vereins würden von den insgesamt 180 Mitgliedern circa 25 die Melange aus Wasserund Ballsport ausüben. Und natürlich weiß der 43-Jährige um die Essenz des Genres, bei dem jeweils fünf Akteure in Einerkajaks ein Team bilden, die wiederum versuchen, den Ball per Hand oder gar mit dem Paddel binnen zweimal sieben Minuten so oft wie nur möglich ins gegnerische Tor zu bugsieren.
„Man muss wie Superman sein: Man muss mit dem Boot umgehen und fahren können – zum einen. Zum anderen muss man den Ball spielen und auch ein Tor treffen, das sich in zwei Meter Höhe befindet – man sitzt dabei jedoch in einem Kajak im Wasser, was wiederum sehr anstrengend ist, da sich die Position permanent ändert, während man von anderen Booten und deren Insassen attackiert wird“, erläuterte Steffen Brandt, der auch betonte, dass das in Summe äußerst kräftezehrend sei.
Und in der Tat: Auf der 35 mal 23 Meter großen Wasserfläche geht es mitunter recht ruppig zur Sache. Die Kajaks prallen beim Kampf um den Ball in schöner Regelmäßigkeit aufeinander. Insbesondere beim Anstoß ist dies der Fall, bei dem der Ball in der Mitte liegt, während die kleinen Boote samt Insassen von beiden Seiten gar zackig angefahren kommen, um diesen in ihren Besitz zu bringen. Es kann aber auch passieren, dass in puncto Bewegung gar nichts mehr geht, da sich ein Großteil der Boote auf engstem Raum gegenseitig blockiert. In der Regel kommt es in unmittelbarer Tornähe zum jenem erhöhten Stauaufkommen – dann wird oftmals nur noch der Ball gespielt und der Abschluss gesucht.
Naturgemäß mangelt es im Laufe einer Begegnung auch nicht an aufgewirbelter Gischt, was wiederum dem Dargebotenen etwas Springbrunnenartiges verleiht – vor allem beim Stau in das der Fall. Außerdem leuchtet dem Betrachter beizeiten ein, warum es wahrlich sinnvoll ist, einen Helm samt Visier zu tragen, denn im allgemeinen Wettkampfgetümmel gibt’s auch schon mal eins mit dem Paddel – natürlich unbeabsichtigt. Doch damit nicht genug: Mit der Hand darf jener Spieler, der im Besitz des Balles ist, von seinem Widerpart ins Wasser gedrückt werden. Kurzum: ein herrliches Spektakel.
Spektakuläre Melange aus Wasser- und Ballsport
Einer, der diese spektakuläre Melange aus Ball- und Wassersport gar eindrucksvoll beherrschte, war Aljoscha Köhler aus den Reihen des KSV Glauchau. Mit seinen Mitstreitern stand er am Sonntag im Finale, in dem sie über den Wassersportverein Wiking-Schweifsterne Dresden letztlich mit 5:4 triumphierten – und das hochdramatisch: Nach zweimal sieben Minuten lautete der Spielstand 4:4. Ergo: Vier weitere Minuten, in denen ein Golden Goal über Sieg und Niederlage entscheiden musste.
Und es war Aljoscha Köhler, der das alles entscheidende Tor warf. Zuvor hatte der 16-Jährige bereits zwei Tore für sein Team während des Finales erzielt. „Das war schon ein ziemlich geiles Gefühl, das Golden
Goal zu machen“, schwärmte Aljoscha Köhler, der sich seit sieben Jahren dem Sport verschrieben hat. Seine Mutter und seine Tante hätten ihn einst dafür sensibilisiert, wobei Letztere sogar Weltmeisterin im Kanupolo sei. Er selbst sei mit dem U16-Team des KSV Glauchau Deutscher Meister geworden – sein bereits dritter Nachwuchs-Meistertitel. Die Männer seines Vereins würden indes in der Bundesliga antreten, und er hoffe, dass er in der kommenden Saison auch etwas Oberhaus-Luft schnuppern dürfe.
Und was ist das Besondere am Kanupolo? „Es macht einfach mega Bock, und es ist mit nichts zu vergleichen“, sagte Aljoscha Köhler, der auch darauf verwies, dass seine Teamkollegen und er ihren Vorjahressieg nunmehr wiederholen konnten – und das sei das erklärte Ziel der Kanupolo-Delegation aus Glauchau gewesen.
Der Jenaer Kanu- und Ruderverein ging indes mit drei Teams an den Start, doch sonderlich weit kam keines davon. „Das ist nicht weiter tragisch, zumal wir nicht in einer Liga aktiv sind. Dafür haben wir die Partie zwischen Glauchau und Dresden gepfiffen – daher sind wir ja auch irgendwie im Finale gewesen“, sagte Steffen Brandt und lachte.