Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)
Chaoten beschießen Jena-Fans
Thüringenderby stand kurz vor dem Abbruch: Welche Konsequenzen hat der Vorfall?
Von Erfurter Anhängern geschossene Pyrotechnik schlägt im Sitzplatzblock mit Jenaer Fans ein.
Tino Zippel
Jena. Chaoten aus der Erfurter Anhängerschaft haben Pyrotechnik auf die Westtribüne im Jenaer Stadion geschossen und so die Verletzung von Zuschauern in Kauf genommen: Das Thüringenderby des FC Carl Zeiss Jena gegen den FC Rot-Weiß Erfurt stand am Sonnabend kurz vor dem Abbruch. Wie konnte es soweit kommen?
In der neuen Fußballarena im Ernst-Abbe-Sportfeld befindet sich der Gästeblock auf der Südtribüne etwa im selben Bereich wie vor dem Umbau. Allerdings steht der Neubau dichter an der Westtribüne. Die Konstellation, dass sich Gästefans und die Jenaer Zuschauer sehr nah kommen, gab es erstmals beim Spiel im DFB-Pokal gegen Hertha BSC. „Danach haben wir das Sicherheitskonzept angepasst“, sagt Patrick Widera, Geschäftsführer des FC Carl Zeiss. Im unteren Bereich des A-Blockes gibt es deshalb einen mit einer Plane überspannten Bereich als Puffer. „Die Lösung hat gegen Lok Leipzig gut funktioniert.“
Der FC Carl Zeiss verfolgte das Ziel, möglichst vielen Zuschauern den Besuch des Derbys zu ermöglichen. Die Westtribüne, deren neues Dach noch fehlt, wurde provisorisch hergerichtet. Vor dem Derby wurden extra Fangnetze installiert und hausten den Gästeblock ein. „Diese sollten Wurfgeschosse und Feuerwerkskörper abhalten“, sagt Zeiss-Präsident Ralph Grillitsch.
Zuschauer im Erfurter Block versucht, Fangnetz anzubrennen Doch nach dem dritten Jenaer Tor vor 12.500 Zuschauern versuchte ein vermummter Anhänger des FC Rot-Weiß Erfurt, mit einem Bengalo und einer Teleskopstange Löcher in das Fangnetz zu brennen. Ordner hielten das Netz weg, so dass dieser Versuch scheiterte.
Kurz darauf flogen aus dem Gästeblock brennende Feuerwerkskörper auf die Westtribüne, die zwischen Zuschauern, unter anderem neben einem kleinen Mädchen, eingeschlagen sind. „Zum Glück gibt es nach ersten Erkenntnissen keine Verletzten“, sagt Widera. Der Schiedsrichter schickte beide Mannschaften in die Kabine.
Von den Attacken aus dem Gästebereich fühlten sich Jenaer Fans im
A-Block provoziert, kletterten auf die Zäune. Eine Fackel warfen sie zurück. Die Polizei beobachtete in Ruhe die Lage, während einige Ordner versuchten, die Zeiss-Fans zur Rückkehr zu bewegen – aus Gründen des Eigenschutzes kletterten sie aber nicht in den Block. Das traute sich nur eine Ordnerin.
Zeiss-Kapitän Bastian Strietzel ging schließlich zu den Fans: „Wir hatten eine lange Zeit, die wir im Kabinentrakt verbracht hatten, und keiner wusste so wirklich, wie es weitergeht und was das Problem ist. Dann kamen die Verantwortlichen und haben mich gefragt, ob ich die Leute im A-Block besänftigen kann“, sagt der Abwehrspieler. „Es ist aus der Emotionalität immer schwer, auch für die Fans. Aber ich glaube, sie haben es dann relativ gut umgesetzt.“Mehrere couragierte Besucher überzeugten die JenaFans, den Pufferbereich zu verlassen, so dass die ausstehenden zehn Minuten der Begegnung noch gespielt werden konnten.
Geschäftsführer Widera will hinterfragen, warum die Polizei nach den Schießen der Pyrotechnik nicht eingegriffen hat. Zudem wird er mit den Gremien und dem Stadionbetreiber den Vorfall analysieren, um daraus Schlüsse für künftige Sicherheitsspiele zu ziehen.
Sind bauliche Veränderungen möglich?
Bauliche Veränderungen wie Plexiglasscheiben als zusätzliche Trennung sollen geprüft werden. Verhindern will der FC Carl Zeiss, dass der A-Block komplett gesperrt bleiben muss. Zumal schon ein fester Pufferblock auf der anderen Seite des Gästeblocks vorgesehen ist und die Kapazität der Arena, die 15.000 Plätze hat, weiter schrumpfen würde.
Klar ist, dass beide Vereine nach dem Derby mit Strafen zu rechnen haben. Im Jenaer Südkurve-Block brannte mehrfach Bengalo. Im Bereich der Nordtribüne wurden Böller geworfen. Vor Eckbällen flogen Gegenstände auf die Erfurter Artur Mergel und Andrej Startsev.
Beim Sicherheitsspiel gegen den FC Energie Cottbus am 5. April werden die Blöcke A bis D auf der Westtribüne nicht geöffnet sein. Nach derzeitigem Stand werden die Südkurve-Fans zu der Partie noch nicht auf die Südtribüne umziehen.