Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)
Bubi Scholz: Box-Legende, Lebemann, Gefängnisinsasse
Am 4. April 1964 wird die Box-Legende Europameister und beendet seine Karriere. Das Datum markiert auch den Beginn eines Dramas
Zeitungsbote, Mechaniker, Koch, Box-Europameister und umschwärmter Darling des Nachkriegs-Deutschlands. Bis zum 4. April 1964 erzählt die Biografie von Bubi Scholz eine fantastische Aufstiegsgeschichte, eine aus dem Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg, als der in der Vorkriegszeit noch ein ziemlich elendiges Arbeiterviertel war. „Nie wieder arm“schrieb Gustav Wilhelm Hermann Scholz, genannt Bubi, in seiner Autobiografie als den zentralen Satz, das Mantra seiner Kindheit.
Jener 4. April markierte zugleich den Höhepunkt der Karriere des nach Max Schmeling bekanntesten deutschen Boxers jener Jahre. In der Dortmunder Westfalenhalle holte er sich seinen zweiten, seinen letzten Europameisterschaftstitel. Im Halbschwergewicht. Der Sieg war umstritten, Scholz schon angezählt, als der Ringrichter seinen Gegner, den italienischen Titelverteidiger Giulio Rinaldi in der achten Runde disqualifizierte.
Mit dem EM-Titel beendete Scholz, damals 33 Jahre alt, seine Karriere – und die war durchaus respektabel. 96 Kämpfe bestritt der lange Zeit jungenhaft wirkende Athlet, gewann 88 davon, arbeitete sich vom Weltergewicht zum Halbschwergewicht hoch, war deutscher
Meister und im Mittelgewicht 1958 schon einmal Europameister.
Lebemann, Alkoholiker, Gefängnis. Der 4. April 1964 markiert auch die Geschichte eines Absturzes. Der Boxer war eines der Gesichter des Nachkriegsdeutschlands. In einer
Zeit, in der das Fernsehen erst Massenphänomen werden sollte, zierte der Rechtsausleger die Titel der Illustrierten, nahm Platten auf und spielte in Filmen mit. Das Leben in der Öffentlichkeit schmeichelte, hatte aber auch seinen Preis.
Der Absturz begann schleichend auf beinahe sportlertypische Weise. Der Athlet, der alles erreicht hat, weiß nur noch wenig mit dem Leben anzufangen, weil Ziele fehlen. Da der „Beruf“des TV-Experten lange noch nicht erfunden war – und auch Profisportler nicht reich wurden, versuchte es Scholz kurz vor dem Karriereende mit einer Werbeagentur. Mit mäßigem Erfolg.
Der Berliner blieb seiner Heimat treu, verkehrte in den Kreisen, die der Frontstadtbewohner des Kalten Krieges als Jetset begriff, feierte gerne und viel. Unter anderem mit den Entertainern Harald Juhnke und Hans Rosenthal. Der Alkohol wurde zum Problem.
Am 22. Juli 1984 folgte dann die Tat. Nach einer Feier mit seinen Freunden, so rekonstruierte der Spiegel, erschoss Scholz seine Frau Helga. Der Boxer bestimmte noch einmal die Schlagzeilen. Der Ehemann kam gut weg, wegen fahrlässiger Tötung musste er für nur drei Jahre ins Gefängnis. Nach der Entlassung aus dem Knast kam er nicht mehr auf die Beine. Es folgten Depressionen, Selbstmordversuche und bis zum Tod am 21. August 2000 mehrere Schlaganfälle.
Es bleibt ein Denkmal. Roland Suso Richter verfilmte 1997 mit Benno Führmann und Götz George die „Bubi-Scholz-Story“. Was für eine Geschichte.