Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)
„Im Kreistag geht es nicht um Brandmauern“
Johann Waschnewski (CDU) spricht im Interview über seine Ziele als möglicher Landrat, Windräder und die AfD
Saale-Holzland-Kreis. Seit 2015 ist Johann Waschnewski (CDU) Bürgermeister in Bürgel, seit 2014 Mitglied im Kreistag und seit sechs Jahren Erster Beigeordneter im SaaleHolzland-Kreis, nun kandidiert er als Landrat. Im Interview spricht er über seine Prioritäten und strittige Themen im Landkreis und darüber, wohin ihn seine politische Karriere noch führen soll.
Sie sind seit 2018 Stellvertreter von Andreas Heller – was glauben Sie, macht einen guten Landrat aus?
Wichtig ist, dass der Landrat den Bürgern dient, ihre Sorgen und Nöte kennt und sich um ihre Anliegen kümmert. Ein Landrat kann zwar nicht alle Probleme lösen, aber in vielen Fällen helfen, Lösungen zu finden. Die Hauptaufgabe besteht darin, die Interessen des Landkreises stark zu vertreten, das Landratsamt gut zu leiten, die Geschäftsverteilung zu bestimmen und die Kreistagsbeschlüsse zu vollziehen.
Wie könnte man Bürgerinnen und Bürgern näherbringen, wofür ein Landrat zuständig ist und wofür nicht?
Ich möchte regionale Sprechstunden in allen Regionen durchführen. Schon jetzt habe ich als Bürgermeister die Einwohnerversammlungen nicht nur in der Stadt Bürgel, sondern auch in den Ortsteilen gemacht. Um über die Aufgaben ins Gespräch zu kommen, möchte ich mehrere Bürgerforen im Jahr in verschiedenen Regionen veranstalten. Im Gegensatz zur Einwohnerfragestunde im Kreistag können dort auch Fragen beantwortet werden, für die ein Landrat formal nicht zuständig ist, oder Anliegen dann an die jeweiligen zuständigen Stellen herangetragen werden.
Wie kam es zu Ihrem politischen Engagement schon in jungen Jahren?
Ich bin schon in meiner Schulzeit in
Zur Person
Johann Waschnewski, 37 Jahre alt, in Partnerschaft lebend, keine Kinder, Bürgermeister der Stadt Bürgel, Erster Beigeordneter im SaaleHolzland-Kreis. Hobbys: aktiver Fußballer im Verein SV Blau-Weiß Bürgel, interessiert sich für Geschichte, verbringt gern Zeit in der Natur
die CDU eingetreten, weil ich mich für Politik interessiere und gern über politische Themen diskutiere. Es hat mir gefallen, mich vor Ort und im Kreisverband zu engagieren. Bereits mit 21 Jahren habe ich als Kreisvorsitzender der Jungen Union Verantwortung übernommen und war mit 23 Jahren Stadtratsvorsitzender in Bürgel.
Ihr Konkurrent Albert Weiler sagte im Interview mit unserer Redaktion, Sie hätten keine Visionen für den Landkreis. Was sind Ihre Visionen?
Ich habe federführend beim Kreisentwicklungskonzept mitgearbeitet, weil ich nicht kritisieren, sondern mich für unseren Landkreis einsetzen möchte. Wir werden zunehmend älter. Deswegen ist die medizinische Versorgung und Pflege besonders wichtig. Damit junge Familien hier bleiben und zu uns ziehen, braucht es die Schaffung von Wohnraum, wohnortnahe Kindergärten und sanierte Schulen. Unsere Ostthüringer Region hat viel Potenzial, weil wir ein familienfreundlicher Landkreis sind und wenn unsere Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt. Wir haben eine gute Infrastruktur, aber können die Verkehrswege, Wirtschaftsförderung, Fachkräftegewinnung und das Standortmarketing verbessern. Zudem geht es mir um die Förderung von Kultur und Tourismus, des ehrenamtlichen Engagements und gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Was würden Sie in den ersten 100 Tagen sofort angehen?
Wir müssen nach den Wahlen unsere kommunalen Gremien, den Kreistag und die Ausschüsse, sehr zügig konstituieren, damit wir wieder handlungs- und arbeitsfähig sind. Ich würde Antrittsbesuche bei allen Kreisorganisationen machen, beispielsweise beim DRK-Kreisverband oder der Kreishandwerkerschaft. Miteinander können wir die Aufgabenschwerpunkte definieren. Des Weiteren möchte ich die kreislichen Liegenschaften vor Ort aufsuchen, um mir ein aktuelles Bild über die Ausstattung der Schulen und Handlungsbedarfe zu verschaffen.
Stichwort Verwaltungsneubau – warum befürworten Sie den?
Wir brauchen eine moderne und bürgerfreundliche Verwaltung für mehr Bürgerservice und weniger Bürokratie. Wir können eine zentrale Anlaufstelle schaffen. Dazu braucht es den Neubau, denn allein in der Kreisstadt Eisenberg ist die Verwaltung bisher auf 13 Standorte aufgeteilt. Das bedeutet enorme Betriebsund Unterhaltungskosten. Wir würden jährlich eine Million Euro sparen, wenn wir diese Standorte nicht mehr benötigen. Damit können wir den Verwaltungsneubau größtenteils refinanzieren. Perspektivisch hätten wir dadurch sogar mehr finanziellen Spielraum, um auch andere Investitionen zu tätigen. Parallel können mit dem Neubau auch die Verwaltungs- und Digitalisierungsprozesse besser optimiert werden.
Wie kann das gelingen?
Wenn die Mitarbeiter während ihrer Arbeitszeit von Standort zu Standort laufen müssen, ist das nicht effizient. Effizient ist, wenn die Verwaltung konzentriert in einem modernen Gebäude auf kurzem Dienstwege gut zusammenarbeitet, um die Aufgaben für die Bürger zu erledigen. Dazu schweben mir Verwaltungs- und Verfahrenslotsen vor, auch im Bereich der Wirtschaftsförderung oder des Ehrenamtes für die Vereine. So können wir gewährleisten, dass die Anliegen schneller an die richtige Stelle kommen. Verwaltung ist komplexer geworden und deswegen braucht es eine bessere Lotsenfunktion. Gerade ältere Menschen sind manchmal überfordert, Formulare auszufüllen und da braucht es Hilfestellung.
Kritisiert werden die hohen Kosten von 29 Millionen Euro, die man in Schulen und Straßen stecken sollte. Woher würden Sie das Geld für Schulen und Straßen nehmen?
Die Schulen werden weiter Investitionsschwerpunkt bleiben. Wenn wir den Verwaltungsneubau nicht machen, haben wir für die bestehenden 13 Liegenschaften steigende Ausgaben, die wir dann nicht einsparen würden. Also stünden dann auch nicht mehr finanzielle Mittel für Schulen oder Straßen zur Verfügung.
Auch die Frage nach Windrädern im Wald wird heiß diskutiert. Wie stehen Sie dazu?
Mir sind Solaranlagen auf dem
Dach lieber als Windräder im Wald. Ich stehe für eine technologieoffene Energiewende, bei der die Wirtschaft wettbewerbsfähig und das Leben bezahlbar bleibt. Die gemeindliche Planungshoheit und regionalen Planungsgemeinschaften sollten von der Bundes- und Landespolitik wieder gestärkt werden, damit kein Wildwuchs entsteht. Vor Ort kann man besser entscheiden, wie viel Ausbau an erneuerbaren Energien natur- und auch menschenverträglich ist.
Wieso sind Sie der geeignetste Kandidat für den Landratsposten?
Ich habe viel Erfahrung, ich möchte mein Engagement und meine Ideen für einen starken, modernen und zukunftsfähigen Saale-HolzlandKreis einbringen. Als langjähriger Bürgermeister und stellvertretender Landrat kenne ich den Landkreis und bin mit der Verwaltungsleitung vertraut. Damit habe ich beste Voraussetzungen, die Aufgaben so zu erfüllen, dass unser Landkreis für die Bürgerinnen und Bürger mehr Dienstleistung erbringt. Mir geht es um einen respektvollen Umgang und ein friedliches Miteinander, auch parteiübergreifend, damit wir hier gemeinschaftlich unsere Region voranbringen.
Parteiübergreifend? Sie wollen also auch mit der AfD zusammenarbeiten trotz CDU-Brandmauer?
Im Kreistag werden Entscheidungen für das Gemeinwohl getroffen, da geht es nicht um Brandmauern. Die Kreisverwaltung muss mit allen Fraktionen zusammenarbeiten. Ich finde es richtig, dass sich alle Fraktionen in den kommunalen Gremien einbringen. Dabei muss die Sacharbeit im Vordergrund stehen.
Wenn wir weiter in die Zukunft blicken: Was kommt nach dem Landrat, haben Sie weitere politische Ziele?
Ich möchte auf lange Perspektive den Saale-Holzland-Kreis gestalten. Mein Ziel ist es, als Landrat gewählt zu werden. Deshalb kandiere ich nicht parallel für den Landtag, wie andere Mitbewerber. Mein Vorteil ist, dass ich bereits viel Erfahrung habe, aber aufgrund meines Alters auch die Möglichkeit hätte, den Landkreis, gemeinsam mit den Menschen vor Ort, über mehrere Amtsperioden entwickeln zu können.