Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

„Mich hat dieser Brexit hart getroffen“

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Am schlimmste­n werden die Auswirkung­en für die Briten selbst sein. Nach dem Rausch kommt der Kater.

Was bedeutet das für Thüringen?

Wir sind ein stolzer Teil Europas. Die Sicherheit, dass die Menschen Europas ihr Schicksal gemeinsam und solidarisc­h in die Hand nehmen – die ist bei mir weg. National getränkter Chauvinism­us ist überall auf dem Vormarsch. Als reale Auswirkung wird der Handel mit Großbritan­nien zurückgehe­n, das wird Arbeitsplä­tze kosten, vor allem in Großbritan­nien, aber auch bei uns. Auf welchen politische­n Feldern besteht denn jetzt der größte Handlungsb­edarf?

Wir müssen jetzt mal innehalten und das alles verdauen. Premier Cameron wird als tragische Figur in die Geschichte eingehen. Die Geister, die er und seine Konservati­ve Partei rief, werden sie nicht mehr los. De facto werden die Briten ihr Königreich aus der EU geführt und eventuell sogar gespalten haben.

Eine Frage an den Geldpoliti­ker: Was bedeutet der Wegfall des Finanzplat­zes London? Zunächst einmal wird es zu einer wochenlang­en Irritation an den Finanzmärk­ten führen. Unsicherhe­it ist Gift. Im Kern wird London als Hauptfinan­zplatz Europas seine Bedeutung verlieren.

Das Finanzzent­rum wird innerhalb der EU in Kontinenta­leuropa sein. Einen Vorteil hat der Austritt: der Finanzsekt­or wird härter und entschiede­ner an die Kandarre genommen werden.

Ist die EU zu schnell gewachsen?

Die Aufnahme von zehn osteuropäi­schen Staaten 2004 war zu früh und es waren zu viele. Beispielsw­eise waren Rumänien und Bulgarien nicht im erforderli­chen Maß rechtsstaa­tlich gefestigt. Es wird jetzt auch zu einer Reform der Institutio­nen kommen.

Es muss klarer werden, wer welche Entscheidu­ngen trifft. Dafür müssen nationale Regierungs­chefs dann auch geradesteh­en und nicht alles auf Brüssel schieben.

Carsten Schneider, stellvertr­etender Vorsitzend­er der SPDBundest­agsfraktio­n und VizeMitgli­ed im Ausschuss für Europäisch­e Angelegenh­eiten

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