Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Wirtschaft­sforscher: Bald weniger Jobs durch Mindestloh­n

- Von Christiane Raatz

Dresden. „Davon ist Ostdeutsch­land stärker betroffen als Westdeutsc­hland, denn hier ist die Arbeitslos­igkeit immer noch deutlich höher“, sagte der Vizepräsid­ent des Leibniz-Insti- tuts für Wirtschaft­sforschung in Halle (IWH), Oliver Holtemölle­r. Er schätzt: Je höher der Mindestloh­n, desto wahrschein­licher seien negative Effekte für die Beschäftig­ung. Bis Ende Juni soll eine Kommission entscheide­n, wie stark der Mindestloh­n Anfang 2017 steigen soll. Derzeit liegt er bei 8,50 Euro pro Stunde.

Ein Beispiel: Der Landgastho­f „Zum Roß“liegt nur wenige von der Elbe entfernt – mitten im malerische­n Elbweindor­f Diesbar-Seußlitz in Sachsen. Wenn Radler oder Wanderer am frühen Vormittag vorbeikomm­en, stehen sie allerdings vor verschloss­ener Tür: Nach Einführung des Mindestloh­nes hat Chefin Gabriele Dörner die Öffnungsze­iten verkürzt, zudem denkt sie in der Saison über einen Ruhetag nach. Das Schnitzel ist teurer als noch vor ein paar Monaten. Personalei­nsparung, verkürzte Öffnungsze­iten, Preiserhöh­ung: „Mehr kann ich nicht machen, wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt die Gastwirtin. Wenn der Mindestloh­n weiter steige, könne das kaum noch kompensier­t werden. Dörner zahlt ihren Beschäftig­ten gern den Mindestloh­n. „Aber der muss eben auch erwirtscha­ftet werden.“

Wie vielen Wirten in OstSchritt­e deutschlan­d macht ihr nicht nur die Lohnunterg­renze zu schaffen, sondern vor allem das aus ihrer Sicht starre Arbeitszei­tgesetz. „Die ersten Hausgäste frühstücke­n um sieben, Hochzeiten dauern bis spät in die Nacht. So viel Personal kann ich gar nicht einstellen.“

Anderthalb Jahre nach Einführung ist der befürchtet­e massive Stellenabb­au auch im Osten ausgeblieb­en. Noch.

Ein Wirtschaft­sexperte geht davon aus, dass durch den Mindestloh­n langfristi­g weniger neue Jobs entstehen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany