Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Wirtschaftsforscher: Bald weniger Jobs durch Mindestlohn
Dresden. „Davon ist Ostdeutschland stärker betroffen als Westdeutschland, denn hier ist die Arbeitslosigkeit immer noch deutlich höher“, sagte der Vizepräsident des Leibniz-Insti- tuts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), Oliver Holtemöller. Er schätzt: Je höher der Mindestlohn, desto wahrscheinlicher seien negative Effekte für die Beschäftigung. Bis Ende Juni soll eine Kommission entscheiden, wie stark der Mindestlohn Anfang 2017 steigen soll. Derzeit liegt er bei 8,50 Euro pro Stunde.
Ein Beispiel: Der Landgasthof „Zum Roß“liegt nur wenige von der Elbe entfernt – mitten im malerischen Elbweindorf Diesbar-Seußlitz in Sachsen. Wenn Radler oder Wanderer am frühen Vormittag vorbeikommen, stehen sie allerdings vor verschlossener Tür: Nach Einführung des Mindestlohnes hat Chefin Gabriele Dörner die Öffnungszeiten verkürzt, zudem denkt sie in der Saison über einen Ruhetag nach. Das Schnitzel ist teurer als noch vor ein paar Monaten. Personaleinsparung, verkürzte Öffnungszeiten, Preiserhöhung: „Mehr kann ich nicht machen, wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt die Gastwirtin. Wenn der Mindestlohn weiter steige, könne das kaum noch kompensiert werden. Dörner zahlt ihren Beschäftigten gern den Mindestlohn. „Aber der muss eben auch erwirtschaftet werden.“
Wie vielen Wirten in OstSchritte deutschland macht ihr nicht nur die Lohnuntergrenze zu schaffen, sondern vor allem das aus ihrer Sicht starre Arbeitszeitgesetz. „Die ersten Hausgäste frühstücken um sieben, Hochzeiten dauern bis spät in die Nacht. So viel Personal kann ich gar nicht einstellen.“
Anderthalb Jahre nach Einführung ist der befürchtete massive Stellenabbau auch im Osten ausgeblieben. Noch.
Ein Wirtschaftsexperte geht davon aus, dass durch den Mindestlohn langfristig weniger neue Jobs entstehen.