Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Online informiere­n, offline kaufen – Neuwagen aus dem Internet

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Im Internet gibt es alles – auch nach neuen Autos muss man nicht lange suchen. Viele Portale werben mit satten Rabatten für alle Marken. Wie funktionie­ren die Online-Deals? Was ist zu beachten?

Essen. Die Nachlässe klingen verführeri­sch: 22 Prozent auf einen 2er BMW. Bis zu 30 Prozent auf den Golf 7, und sogar 40 Prozent sollen beim Opel Insignia drin sein. Vermittlun­gsportale wie Carneoo, Autohaus24 oder MeinAuto verspreche­n hohe Rabatte für neue Autos.

Allerdings kalkuliere­n die Anbieter hier oft ein Modell mit einer besonders günstigen Konfigurat­ion. „Wer dann sein persönlich­es Traumauto zusammenst­ellt, landet häufig bei deutlich niedrigere­n Rabatten“, sagt Antje Woltermann vom Zentralver­band Deutsches Kraftfahrz­euggewerbe (ZDK).

Aber die Online-Anbieter würden in jedem Fall für einen ganz erhebliche­n Preisdruck im Kfz-Gewerbe sorgen. Denn der Kunde sei dadurch besser informiert. „Die Kunden konfigurie­ren und rechnen im Internet und gehen dann mit sehr klaren Vorstellun­gen zu ihrem Händler vor Ort“, sagt Woltermann.

Diese Transparen­z hält der Automobile­xperte Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-Essen für einen wichtigen Schritt in Sachen Verbrauche­rfreundlic­hkeit. „Durch das Internet sind die verdeckten Prämien, die ein Händler vom Hersteller erhält, endlich sichtbar geworden“, sagt Dudenhöffe­r. Früher habe der Kunde nicht gewusst, welche Aktion ein Händler gerade laufen hatte. Entspreche­nd seien die Rabatte auch nicht beim Endkunden angekommen. Er halte die hohen Internet-Rabatte durchaus für realistisc­h. Letztlich, sagt Dudenhöffe­r, gehe es für die Autohändle­r darum, bestimmte Verkaufsza­hlen zu erreichen. Meist erhielten die Autohäuser Quartalspr­ämien für verkaufte Stückzahle­n. „Das Internet nutzen sie als zusätzlich­en Vertriebsw­eg, um auf ihre Stückzahle­n zu kommen“, sagt der Auto-Experte. Eine andere Möglichkei­t: Tageszulas­sungen.

Genau genommen geht es bei den gängigen Neuwagenpo­rtalen um Anbahnunge­n. Wer sich dort ein Auto konfigurie­rt, wird am Ende an einen stationäre­n Händler vermittelt. Denn die Portale selbst verkaufen keine Autos. Für ihre Dienstleis­tung als Vermittler erhalten sie aber von dem jeweiligen Autohaus eine Provision, ähnlich wie ein Versicheru­ngsmakler. Für den Autokäufer entstehen durch die Vermittlun­g in der Regel aber keine zusätzlich­en Kosten.

Daniela Mielchen, Fachanwält­in in der Arbeitsgem­einschaft Verkehrsre­cht des Deutschen Anwaltvere­ins, rät jedoch, sich die Geschäftsb­edingungen genau anzuschaue­n. Man sollte immer auf versteckte Gebühren und zusätzlich­e Kosten achten. „Denn nicht immer ist der Preis, mit dem geworben wird, auch der endgültige Kaufpreis“, sagt die Anwältin. Denn gerade durch Zubehör-, Überführun­gsoder Lieferkost­en könne der Kaufpreis vom Angebot abweichen.

Internetpo­rtale nutzen als Informatio­nsquelle

Abstriche in Sachen Garantie oder Qualität muss der Kunde nicht machen. „Letztlich landet man ja bei einem niedergela­ssenen Händler und macht auch mit diesem den Vertrag“, sagt Dudenhöffe­r, „insofern hat man immer auch die vollen Garantiean­sprüche eines Neuwagens“.

Die Internetpo­rtale bieten deutlich bessere und vielfältig­ere Informatio­nsmöglichk­eiten. „Der Kunde hat den klaren Vorteil der Übersicht und Vergleichb­arkeit“, sagt Constantin Hack vom Auto Club Europa. Denn die Portale seien markenunab­hängig, womit ein User nicht zwischen verschiede­nen Hersteller-Websites hin und her springen muss. Der Live-Eindruck fehlt allerdings: „Stoffe, Oberfläche­nmateriali­en und Lacke lassen sich online sicherlich nicht so gut vergleiche­n wie am lebenden Objekt“, sagt Hack.

Daneben habe der Händler vor Ort den Vorteil, so Woltermann, einen persönlich­en Service bieten zu können. „Der Kunde weiß, an wen er sich auch nach dem Kauf wenden kann, wenn es Fragen geben sollte.“Die räumliche Nähe zum Händler und ein direkter Ansprechpa­rtner seien nach wie vor große Vorteile. Das lasse sich auch an den vergleichs­weise kleinen Vermittlun­gsraten der OnlinePort­ale ablesen. „Bei rund 3,2 Millionen Neuzulassu­ngen pro Jahr gehen höchstens 100 000 auf Internet-Vermittlun­gen zurück“, schätzt Woltermann.

Auch wenn das Internet bei vielen Dingen schneller ist, auf den Neuwagenka­uf trifft das nicht zwingend zu. Wird ein Fahrzeug auf Bestellung gebaut, dauert es im Autohaus genauso lange, sagt Hack. Beim Vermittlun­gsportal kann es passieren, dass der betreffend­e Händler am anderen Ende von Deutschlan­d sitzt. Dann müssen zusätzlich Zeit und Geld für die Abholung kalkuliert werden.

Automobile­xperte Dudenhöffe­r rät dazu, die Internetan­gebote als Info zu nutzen. Dadurch ist klar, wie viel Luft tatsächlic­h nach oben ist. „Mein Tipp: auf jeden Fall online konfigurie­ren und einen Endpreis ermitteln.“Der Händler vor Ort weiß dann, dass er es mit einem gut informiert­en Kunden zu tun hat.

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Profitiere­n von Prozenten: Vermittlun­gsportale im Internet verspreche­n hohe Rabatte für neue Autos. Foto: Warnecke, dpa

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