Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Neuwahlen nach sechs Monaten: Spanien droht die Unregierbarkeit
die seit 2011 in Spanien regiert. Unidos Podemos hat dem politischen Establishment den Kampf angesagt. Spanische Medien sprechen bereits von einem Tsunami, der die politische Landschaft überrollt. Eine Flutwelle, in der die traditionsreichen und sozialdemokratisch orientierten Sozialisten untergehen könnten, die bisher stolz darauf waren, die linke Opposition anzuführen. Das Politbeben könnte sogar die Konservativen von der Macht vertreiben.
In den Erhebungen liegt Unidos Podemos bereits mit 25 bis 26 Prozent an zweiter Stelle. Der Abstand zu den Konservativen des geschäftsführenden Regierungschefs Mariano Rajoy, die bei etwa 29 Prozent gesehen werden, wurde immer kleiner.
Was dieser politische Windwechsel für die künftige Regierungsbildung bedeutet, bleibt abzuwarten. Denn es zeichnen sich in der Neuwahl am 26. Juni keine klaren Machtverhältnisse ab. Bereits die erste Wahlrunde im Dezember hatte kein eindeutiges Ergebnis gebracht. Dies deutet auf zähe Koalitionsverhandlungen hin. .
An der Spitze von Unidos Podemos steht der charismatische Politologe Pablo Iglesias, der seinen Pferdeschwanz zum Markenzeichen machte. Er träumt bereits davon, Spaniens neuer Regierungschef zu werden. Um seinem Image als Bürgerschreck entgegenzuwirken, bindet er sich neuerdings eine Krawatte um. Seine Gegner betrachten dies als Wahlkampfmasche. Iglesias, der sich früher als Kommunist bezeichnete und nun als „neuer Sozialdemokrat“auftritt, sei ein „Wolf im Schafspelz“.
Entsprechend schießt die politische Konkurrenz scharf gegen den 37-Jährigen, der erst 2014 die aus den Straßenprotesten erwachsene Partei Podemos (Wir können) gründete. Eine Bewegung der „Empörten“, die nun in der Neuwahl zusammen mit der kleinen antikapitalistischen Partei Izquierda Unida (Vereinigte Linke) und den Grünen das Bündnis Unidos Podemos formt.
Iglesias schickte schon vor geraumer Zeit ein paar Botschaften an Brüssel und an Berlin, die dort alle Alarmglocken schrillen ließen: „Wir müssen eines ganz klar machen: „Wir wollen weder eine Kolonie Deutschlands noch eine Kolonie der europäischen Troika sein.“Und er sagte der im Schuldenland Spanien von der EU-Kommission durchgesetzten Spar- und Reformpolitik den Kampf an.
Ähnliche Töne kennt man schon von Alexis Tsipras, dem griechischen Syriza-Chef und Ministerpräsidenten, der von Iglesias als leuchtendes Beispiel gepriesen wurde. Nach der Wiederwahl von Tsipras im September 2015 wünschte Iglesias dem griechischen „Amigo“viel Erfolg beim Kampf gegen den „Finanzterrorismus“und gegen die „finanziellen Mächte“.
Neuerdings möchte Iglesias aber lieber nicht mehr an seine Verbrüderung mit Tsipras erinnert werden. Vielleicht, weil sich Tspiras mittlerweile den EU-Zwängen beugen musste, um sein Land mit dem inzwischen dritten internationalen Rettungsprogramm vor der Pleite zu bewahren?