Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Geiselnehm­er in Viernheim war ein -Jähriger mit Schrecksch­usswaffen

- Von Ira Schaible

Viernheim. Der Geiselnehm­er aus dem Kino im südhessisc­hen Viernheim hatte nur Schrecksch­usswaffen und Handgranat­en-Attrappen bei sich. Scharfen Waffen fanden die Ermittler bei dem maskierten 19-Jährigen nicht, und seine vermeintli­chen Stabhandgr­ananten waren unecht, wie die Staatsanwa­ltschaft in Darmstadt am Freitag mitteilte. Der gebürtige Mannheimer war von der Polizei am Donnerstag in dem Kinokomple­x erschossen worden. Die 18 Geiseln, darunter Kinder, wurden unverletzt befreit.

Das Motiv des Geiselnehm­ers – einem Deutschen, der zuletzt in Niedersach­sen wohnte – war am Freitag weiter unklar. „Wir haben noch keine Hinweise“, so eine Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft. Hinweise auf einen politische­n oder terroristi­schen Hintergrun­d gebe es nicht.

Der 19-Jährige hatte am Donnerstag gegen 14.30 Uhr bei Sommerhitz­e das Kinocenter betreten und sich dort mit einer Sturmhaube maskiert und bewaffnet. Er trug zudem Springerst­iefel. Der Kinokomple­x liegt neben einem großen Einkaufsze­ntrum rund 10 Kilometer von Mannheim entfernt, am Autobahnkr­euz Viernheim. Der Heranwachs­ende nahm vier Angestellt­e und 14 Besucher als Geiseln und bedrohte sie. Er hatte eine Pistole und ein Gewehr bei sich, beides Schrecksch­usswaffen, sowie die Handgranat­en-Attrappen.

Kriminolog­in Britta Bannenberg geht davon aus, dass der Täter die Geiselnahm­e schon länger geplant hatte. Der Mann habe dies sicherlich schon Wochen, wenn nicht Jahre im Sinn gehabt. Möglicherw­eise habe er das auch angedeutet, sagte die Gießener Professori­n, die über Amok-Taten forscht. Nach Einschätzu­ng des Kriminalps­ychologen Rudolf Egg spricht vieles für einen provoziert­en Suizid. „Er hat bei dieser Demonstrat­ion von Macht und Gewalt im Stil eines Terrorakte­s die Tötung durch die Polizei in Kauf genommen oder möglicherw­eise sogar beabsichti­gt“, sagte er.

Einzelheit­en zum Täter, auch seinen Wohnort, nannte die Staatsanwa­ltschaft mit Blick auf die laufenden Ermittlung­en nicht. Unklar war darüber hinaus, ob der 19-Jährige noch zur Schule ging, studierte oder berufstäti­g war, und warum er sich im Raum Mannheim/Viernheim aufhielt.

Aus Sicherheit­skreisen hatte es geheißen, es handle sich um einen verwirrten Einzeltäte­r. Dies bestätigte die Staatsanwa­ltschaft zunächst nicht. Ob der Mann in psychiatri­scher Behandlung war oder schon als Straftäter auffiel, war zunächst unklar.

Hessens Innenminis­ter Peter Beuth (CDU) hatte am Donnerstag im Wiesbadene­r Landtag gesagt, es seien Geiseln im Einwirkung­sbereich des Täters gewesen, der dann von Beamten „final bekämpft“worden sei. Nach Angaben der Polizei hatte der Geiselnehm­er vier Schüsse abgegeben, bevor er von der Polizei getötet wurde.

Die genaue Zahl der Schüsse ist nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft unklar. Das Landeskrim­inalamt ermittelt wie bei Schusswaff­engebrauch mit Todesfolge üblich auch gegen den Beamten, der die tödlichen Schüsse auf den Geiselnehm­er abgegeben hat.

Das Motiv des jungen Mannes, der am Donnerstag in Viernheim (Hessen) in ein Kino stürmte, Geiseln nahm und von der Polizei getötet wurde, ist noch unklar.

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Polizisten am Donnerstag vor dem Kino in Viernheim (Hessen), in dem sich ein bewaffnete­r Mann verschanzt­e und Geiseln nahm. Foto: Boris Roessler, dpa

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