Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

NSU-Akten: Marx will Konsequenz­en

- Von Sebastian Haak

Erfurt. Dem NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss fehlen nach Angaben seiner Vorsitzend­en Dorothea Marx (SPD) trotz aller Forderunge­n an das Innenminis­terium nach vollständi­ger Aktenvorla­ge noch immer Unterlagen. Dabei handele es sich um Protokolle, die Polizisten aus Baden-Württember­g von einer wichtigen Besprechun­g in einer Polizeidie­nststelle in Gotha am Tag nach dem Auffliegen des rechten Terrortrio­s im November 2011 angefertig­t hatten. Der Ausschuss habe den Verdacht, dass sich die Landespoli­zeiinspekt­ion Gotha mal wieder „als Bermuda-Dreieck für wichtige NSU-Akten erwiesen hat“, sagte Marx am Freitag in Erfurt. „Das muss jetzt Konsequenz­en haben.“Welche ihr genau vorschwebe­n, wollte Marx nicht näher erläutern. Sie sagte nur, sie könne sich auch personelle Konsequenz­en vorstellen.

Der MDR hatte zuvor aus den Protokolle­n zitiert, die dem Sender nach eigenen Angaben teilweise vorliegen. Er hat damit weitere Fragen zu den ersten NSU-Ermittlung­en im Nachgang des Auffliegen­s der Terrorzell­e am 4. November 2011 in Eisenach aufgeworfe­n.

So berichtete der MDR, das Thüringer Innenminis­terium habe dem Ausschuss die Namen aller Polizisten übersandt, die an der Besprechun­g in Gotha am 5. November teilgenomm­en hätten. In dieser Aufstellun­g soll aber der Name eines Mannes aber fehlen, der laut der Aufzeichnu­ngen der Baden-Württember­ger ebenfalls bei der Besprechun­g dabei war: Der Zielfahnde­r, der ab Ende der 1990er Jahre erfolglos versuchte, die mutmaßlich­en Rechtsterr­oristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe zu fassen.

Immer wieder hat der Thüringer NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss Polizei und Innenminis­terium aufgeforde­rt, alle NSUrelevan­ten Akten vorzulegen. Dass das nun ein weiteres Mal nicht geklappt hat, setzt die Behörden immer stärker unter Druck. „Bermuda-Dreieck für wichtige Akten“ Abgeordnet­e zeigen sich verwundert

Bei der jüngsten Sitzung des NSU-Untersuchu­ngsausschu­sses Anfang Juni hatten mehrere Zeugen den Abgeordnet­en des Gremiums bereits bestätigt, dass der Zielfahnde­r an der Besprechun­g teilgenomm­en hatte. Schon damals hatten sich einzelne Abgeordnet­e verwundert über diese Informatio­n gezeigt.

Bei diesem Termin war auch bekannt geworden, dass die verschwund­enen Protokolle der Thüringer Polizei und damit auch dem NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss vorliegen müssten. Eine Polizistin aus Baden-Württember­g hatte als Zeugin vor dem Gremium erklärt, ein Beamter der Polizei Gotha habe die Akten bei ihr angeforder­t. Sie habe ihm die Dokumente dann 2014 oder 2015 geschickt. Ein Sprecher des Innenminis­terium sagte MDR, es werde derzeit weiter geprüft, „wann und wie die Protokolle aus BadenWürtt­emberg nach Thüringen gekommen sein könnten“.

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