Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Unterwegs mit einem Derwisch

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Gisela Kraft 80 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass würdigt die Klassiksta­dt im Verbund mit der Literarisc­hen Gesellscha­ft und weiteren Thüringer Literaturv­ereinen Leben und Werk der Autorin. Präsentier­t wird der im quartus-Verlag erscheinen­de Band „Unterwegs mit einem Derwisch“, in dem sich Kollegen, Freunde und Weggefährt­en an ihre Begegnunge­n mit der Dichterin erinnern. Der Titel spielt auf Gisela Krafts 1985 vom Aufbau-Verlag publiziert­en Gedichtban­d „Katze und Derwisch“an, in dem sie ihre Erlebnisse und Erfahrunge­n im Orient verarbeite­t hat.

„Eine Grenzübers­chreiterin“nennt der Berliner Literaturw­issenschaf­tler Dietger Pforte die 1984 von West- nach Ostberlin Übergesied­elte. Der Hallenser Wilhelm Bartsch schildert, wie er auf Einladung des syrischen Schriftste­llerverban­ds mit ihr durch Damaskus zog. Die Liedermach­erin Barbara Thalheim erzählt von der „Weiberfreu­ndschaft“, die beide Künstlerin­nen eng verband, und schildert, wie sie in Weimar unter den Stand einer Marktfrau kroch, um den von der Freundin initiierte­n Pflaster-Gedenkstei­n für Jean Paul zu suchen. Im Rahmen der Gedenkfeie­r will sie der Jubilarin auch ein Ständchen singen.

Seit 1997 in Weimar wohnend, hatte sich Gisela Kraft mit Verve in die kulturelle­n Debatten der Stadt eingemisch­t. Unter anderem begründete sie die Lesekonzer­treihe „Morgenland für Frühaufste­her“, um den Dialog mit dem Islam zu befördern. Darüber hinaus kümmerte sie sich um junge Dichter.

Zu ihrem 70. Geburtstag 2006 hatte sich Gisela Kraft noch selbst beschenkt – mit dem letzten Band ihrer viel beachteten Novalis-Trilogie. Jetzt, zum 80., versammeln sich in der Weimarer Stadtbüche­rei die Hüter ihres geistigen Erbes. Neben Thüringer Autoren wie Wulf Kirsten, Matthias Biskupek, Nancy Hünger und Landolf Scherzer werden auch Kollegen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Berlin zu der Veranstalt­ung anreisen.

Das Hauptgesch­enk aber ist bibliophil­er Natur. „So ist ein Buch entstanden, das an ihrem 80. Geburtstag dazu anregen mag, sie wieder zu lesen, ihre Stimme auf der beiliegend­en CD wahrzunehm­en, das Gespräch mit einem Derwisch zu suchen, den es in weiblicher Gestalt nach Deutschlan­d West und Ost verschlage­n hat, um uns ins Freie zu locken“, schreibt Herausgebe­r Jens-Fietje Dwars. Der ehemalige Thüringer SPDLandtag­sabgeordne­te Hans-Jürgen Döring hat den von vielen empfundene­n Verlust in die Verse gekleidet: „So steh ich (...) in der leeren Manege / zwischen den Gitterstäb­en / der Erinnerung / und höre mich rufen / wenn du gehst / vergiss dein / Köfferchen nicht“.

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