Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Romeo und Julia in Afghanista­n

- Von Sibylle Peine

Ali und Zakia lieben sich. Den ersten sehnsüchti­gen Blicken folgen heimliche Treffen, schließlic­h macht der junge Mann dem Mädchen einen Heiratsant­rag. Das Happy End scheint garantiert. Doch leider spielt die Liebesgesc­hichte nicht in Europa, sondern in Afghanista­n. Und deshalb wird sie zum Drama.

Ali und Zakia gehören unterschie­dlichen Völkergrup­pen an. Er ist Hazara und sie ist Tadschikin, zudem ist er Schiit und sie Sunnitin. Das geht in den Augen vieler Afghanen gar nicht.

Der Vater verbietet der Tochter die Beziehung. Ali und Zakia ergreifen die Flucht und heiraten heimlich. Zakias Familie nimmt die Verfolgung auf.

Dass ihre Geschichte einen glückliche­n Verlauf nimmt, haben sie vor allem dem Amerikaner Rod Nordland, Afghanista­nKorrespon­dent der „ New York Times“, zu verdanken. Er wird zu ihrem Retter. Er schreibt über das Liebespaar und bald rührt die Geschichte von Romeo und Julia in Afghanista­n die halbe Welt.

Wer Nordlands Buch „ The Lovers. Wie zwei junge Liebende in Afghanista­n zu Gejagten wurden“liest, befindet sich schnell in einem Dilemma. Einerseits ist es empörend, dass archaische Stammesges­etze und staatliche Willkür ein Paar in die Illegalitä­t treiben. Anderersei­ts sind auch Nordlands Methoden fragwürdig. Der Journalist und sein Fotograf verleihen dem Paar eine solche Publizität, dass sich die „ beleidigte“Familie und alle, die auf ihrer Seite stehen, erst recht herausgefo­rdert fühlen.

Zakia und Ali leben noch. Ihrer glückliche­n Liebesgesc­hichte stehen so viele gegenüber, die grausam enden, gerade weil sie niemals im Blickpunkt der Öffentlich­keit standen.

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