Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Der Ikea-Gründer im Visier

- Von André Wesche

Die Fotos und Videoclips im Vorspann erzählen eine Erfolgsges­chichte. Harold (Bjørn Sundquist) hat seine Frau Marny kennenund lieben gelernt. Gemeinsam haben die beiden ein Möbelgesch­äft aufgebaut und über die Jahrzehnte hinweg die meisten Wohnungen des Ortes mit qualitativ hochwertig­er Einrichtun­g bestückt. Den Besitzern ermöglicht­e der Laden ein Leben in bescheiden­em Wohlstand. Aber nun steht Harold vor den Trümmern seiner Existenz. Seine zuletzt schwer demente Marny ist von ihm gegangen und die Verkaufsrä­ume stehen leer. Durchs Fenster prangt das Logo des neuen Nachbarn: Ikea. Der Goliath hat den kleinen Einzelhänd­ler einfach platt gemacht. Doch so leicht gibt sich Harold nicht geschlagen. Er projiziert all seine Wut auf den Ikea-Gründer Ingvar Kamprad (Björn Granath) und bricht auf, den Multi-Milliardär zu entführen.

Unterwegs lernt Harold die 16-jährige Ebba (Fanny Ketter) kennen, ein Mädchen aus zerrüttete­n Verhältnis­sen, das ihn bei seinem wahnwitzig­en Vorhaben fortan begleiten wird. Das Schicksal führt Kamprad dann geradewegs in Harolds Arme. Der tollpatsch­ige Ersttäter ist dem wortgewand­ten und überaus selbstbewu­ssten Opfer aber von Anfang an unterlegen. Ja, Kamprad scheint die unerwartet­e Abwechslun­g in seinem Leben sogar zu genießen! Am Ende haben die beiden alten Herren eine Lektion gelernt und die Zuschauer einen schönen, schrullige­n Film gesehen.

Wäre ein solcher Film auch mit real existieren­den, deutschen Milliardär­en in der Rolle des Protagonis­ten möglich? Wohl kaum. Ein derartiges Projekt würde hierzuland­e ein Heer von Anwälten auf den Plan rufen, die mit einstweili­gen Verfügunge­n wedeln. Filmemache­r Gunnar Vikene hat offensicht­lich keine Probleme bekommen, als er den Roman „Ein ehrliches Angebot“der Norwegers Frode Grytten auf die große Leinwand brachte. Kein Name wurde geändert und kein Logo verfremdet. Das zeugt auf beiden Seiten nicht nur von Größe, sondern auch für Sinn für dezenten Humor. Die Geschichte erheitert übrigens nicht nur ältere Herrschaft­en. Durch die Einbeziehu­ng eines Teenagers in die Handlung findet auch ein junges Publikum seine Identifika­tionsfigur.

 ??  ?? Bjørn Sundquist (rechts) als Harold und Vidar Magnussen Harolds Sohn in einer Szene aus dem Film „Kill Billy“. Foto: NFP
Bjørn Sundquist (rechts) als Harold und Vidar Magnussen Harolds Sohn in einer Szene aus dem Film „Kill Billy“. Foto: NFP

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