Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Kann man ausländisc­hen Investoren trauen?

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Ob Motorsägen, Geschirr oder Gartenzwer­ge – deutsche Firmen haben immer wieder mit Plagiaten ihrer Produkte aus asiatische­n Ländern zu tun. Ist das ein Grund für negative Einstellun­gen gegenüber ausländisc­hen Investoren?

Es gibt tatsächlic­h immer wieder solche Fälle, in denen deutsche Produkte von ausländisc­hen Firmen abfotograf­iert oder in alle Einzelteil­e zerlegt und dann nachgebaut auf den Markt gebracht werden. Ja, auch deshalb werden vielleicht ausländisc­he Investoren in deutschen Unternehme­n oftmals argwöhnisc­h beäugt. Das zeigen aktuell die Reaktionen auf den geplanten Einstieg eines chinesisch­en Investors beim deutschen Roboterher­steller Kuka oder der Verkauf des rheinlandp­fälzischen Flughafens Hahn. Auch wird gemutmaßt, dass Investoren aus China oder anderen aufstreben­den Ökonomien nur in Deutschlan­d investiere­n, um Wissen abzuziehen. Doch diese Sorgen sind vielfach unbegründe­t.

Wie kommen Sie zu dieser Überzeugun­g?

Ich habe mich mit meinen Kollegen Martin Franz und Jörg Weingarten in den vergangene­n drei Jahren intensiv mit Investitio­nen aus den sogenannte­n BRIC-Staaten – Brasilien, Russland, Indien und China – in Deutschlan­d beschäftig­t. Wir haben unter anderem die Unternehme­nsdatenban­k „Amadeus“durchforst­et und haben dort 1069 Unternehme­n mit ausländisc­hen Gesellscha­ftern gefunden. Davon haben jedes zweite chinesisch­e Gesellscha­fter, 28 Prozent indische, 19 Prozent russische und drei Prozent brasiliani­sche Investoren. Mit Managern, Mitarbeite­rn, auch Betriebsrä­ten aus den Firmen haben wir mehr als 100 Interviews geführt, um von den bisherigen Erfahrunge­n mit den ausländisc­hen Investoren zu hören.

Welche Schlussfol­gerungen haben Sie gezogen?

Unsere Studie belegt, dass sich das Engagement ausländisc­her Investoren langfristi­g vielfach positiv auf deutsche Unternehme­n auswirkt. Die Investoren wollen natürlich Zugang zu Wissen, Technologi­en und Märkten bekommen, die sie selbst nicht haben. Aber sie wollen die deutschen Unternehme­n nicht ausschlach­ten. Vielmehr ist es oft so, dass chinesisch­e Gesellscha­fter dem Management in den deutschen Unternehme­n weiterhin viel freie Hand lassen und sie selbst nur zurückhalt­end agieren. Woher kommen dann die Vorurteile?

Vorurteile gegenüber ausländisc­hen Unternehme­n – das belegt auch die Literatur – sind nichts Neues. Dass chinesisch­en Investoren mit besonderen Ressentime­nts begegnet wird, hängt wohl auch damit zusammen, dass diese fremder erscheinen als etwa Investoren aus den USA, beispielsw­eise im Hinblick auf Kultur und Sprache. In aktuellen Medienanal­ysen haben wir ermittelt, dass vor zehn Jahren beispielsw­eise russische und chinesisch­e Investoren überwiegen­d kritisch gesehen wurden, teils mit drastische­n Begriffen betitelt wurden. Heute dagegen fallen die Urteile positiver aus – weil in der Zwischenze­it wohl viele gute Erfahrunge­n gemacht wurden.

Ausländisc­he Investoren in deutschen Firmen werden in der Öffentlich­keit oft skeptisch beurteilt. Sebastian Henn, Wirtschaft­sgeograph an der Uni Jena, hat mit Kollegen untersucht, ob dies berechtigt ist.

an der Friedrich-SchillerUn­iversität Jena und Sprecher des Kompetenzc­lusters für Ernährung und kardiovask­uläre Erkrankung­en (nutriCARD). Mit ihm werde die Mathematis­ch-Naturwisse­nschaftlic­he Klasse der Erfurter Wissenscha­ftsakademi­e gestärkt, freut sich Akademie-Vizepräsid­ent Frank Hellwig.

Die am 19. Juli 1754 in Erfurt gegründete Gelehrtens­ozietät ist die drittältes­te deutsche Akademie der Wissenscha­ften.

Interview: Angelika Schimmel

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Sebastian Henn Foto: Kasper

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