Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Eklat um Landtagsdi­rektorin

- Von Martin Debes

Erfurt. Hat die Direktorin des Thüringer Landtags, als sie aus einer Stellungna­hme an das Verfassung­sgericht ganze Seiten tilgte, nur ihre Arbeit gemacht? So sieht es Landtagspr­äsident Christian Carius (CDU).

Oder hat sie das Gutachten aus parteipoli­tischen Interesse zensiert? So behaupten es die Regierungs­fraktionen von Linke, SPD und Grünen.

Morgen will Carius in einer Sondersitz­ung des Ältestenra­ts erklären, dass Direktorin Birgit Eberbach-Born (CDU) aus rein sachlichen Erwägungen handelte, als sie fast ein Drittel der Stellungna­hme durchstric­h. Es ist zweifelhaf­t, dass er die Mehrheit überzeugen wird.

Denn es geht nicht nur um eine Formalie, sondern um das zentrale Projekt der rot-rot-grünen Koalition: die Gebietsref­orm. Die opposition­elle CDUFraktio­n hat vor dem Thüringer Verfassung­sgericht mehrere Beschwerde­n gegen die Reform eingereich­t. Eine davon ist eine sogenannte Organklage gegen Parlament und Innenaussc­huss.

Der Kern des Vorwurfs: Da die rot-rot-grüne Mehrheit in beiden Gremien eine Anhörung zu einem CDU-Änderungsa­ntrag verweigert­e, seien die Rechte der Unionsfrak­tion verletzt worden.

Nachdem die Klage eingereich­t war, bat der Innenaussc­huss die Landtagsve­rwaltung um Zuarbeit für eine Erwiderung­sschrift. Dabei sollte der wissenscha­ftliche Dienst zwei Varianten ausarbeite­n: Eine für die Regierungs­fraktionen – und eine für die Opposition.

So weit, so normal. Allerdings erreichte die Koalitions­fraktionen am Ende nur eine stark gekürzte Variante. Die Landtagdir­ektorin hatte mehrere der 36 Seiten einfach weggestric­hen.

Nun ist es in einer Behörde völlig normal, dass Vorlagen entlang der Hierarchie überarbeit­et werden. Allerdings gilt für die Landtagsve­rwaltung, die ja Dienstleis­ter für alle Abgeordnet­en ist, eine strikte Neutralitä­tspflicht.

Für Rot-Rot-Grün ist dies ein Skandal. Die Direktorin, heißt es, müsse gehen, auch Carius sei beschädigt. Der Präsident und die CDU verteidige­n hingegen das Vorgehen Eberbach-Borns als „üblich“, derweil die AfD der Koalition empfiehlt, statt „hysterisch­er Überreakti­on einen profession­ellen Umgang mit abweichend­en Rechtsauff­assungen“zu lernen.

Allerdings war zumindest ein Verwaltung­smitarbeit­er im Landtagsre­ferat über das Verhalten seiner Direktorin irritiert. Er merkte intern an, dass man die Endfassung nicht mittrage.

Die Parlaments­direktorin hatte die Stellungna­hme zur Gebietsref­orm-Klage der CDU stark gekürzt. Für Rot-Rot-Grün hat die CDU-Politikeri­n aus parteipoli­tischen Interessen gehandelt.

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