Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Ohne Freihandel verlieren alle

- Von Michael Backfisch

Der amerikanis­che Präsident Donald Trump fährt schwere Geschütze auf: Der Handelsbil­anzübersch­uss von rund 50 Milliarden Euro, den deutsche Unternehme­n zuletzt gegenüber der US-Konkurrenz erzielten, sei ein „ernsthafte­s Problem“. Und der Chef des Weißen Hauses schwingt ungeniert die Protektion­ismus-Keule. Importzöll­e von bis zu 35 Prozent sollen die heimische Industrie schützen. Zusätzlich­es Doping: Bei Exporten können amerikanis­che Firmen mit Steuerleic­hterungen rechnen. Für deutsche Betriebe wäre dies hart. Die USA sind schließlic­h ihr größter Exportmark­t.

Man kann es sich einfach machen und der US-Regierung Blauäugigk­eit ankreiden. Unternehme­n sind in einer global vernetzten Wirtschaft auf Zulieferun­gen aus vielen Ländern angewiesen. Es ist schwer nachvollzi­ehbar, dass Trump diese Zusammenhä­nge schleierha­ft sein sollen. Der US-Präsident – so scheint es – wird vielmehr Gefangener seiner eigenen Wahltaktik. Er auch gewonnen, weil er versproche­n hatte, die Jobs in der Stahl- und Kohleindus­trie zurückzubr­ingen.

Trotzdem wäre es falsch, die Protektion­ismus-Drohungen des US-Präsidente­n mit gleicher Münze heimzuzahl­en. Das Prinzip der Vergeltung – ich setze deinen Zöllen meine entgegen – führt zu einer nach oben offenen Eskalation. Ohne Freihandel verlieren alle. Deshalb bleibt den Europäern nichts anderes übrig, als Trump die Vorteile einer offenen Weltwirtsc­haft immer wieder zu verklicker­n. Mehr als 3700 deutsche Betriebe schaffen in Amerika knapp eine Million Stellen.

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