Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Symbolfigur der Finanzkrise vor Gericht
Gegen den Ex-Chef der Immobilienbank HRE, Georg Funke, wird Anklage erhoben. Er gibt Ex-Finanzminister Steinbrück die Schuld an der Pleite
Staatsanwaltschaft warf Funke und dem mitangeklagten früheren HRE-Finanzchef Markus Fell zum Prozessauftakt vor, die Krise der Bankengruppe verschleiert und geschönt zu haben. „Eine unvertretbar und evident falsche Darstellung der Liquiditätslage der HRE“, hieß es.
Funkes Verteidiger bewertet die Lage hingegen anders: Die Bilanzen seien intern und extern geprüft worden, Anweisungen zur Bilanzfälschung habe niemand gegeben. Diese Sicht will Funke am zweiten Prozesstag am Dienstag vortragen und eine „Streitschrift“präsentieren.
Für Deutschlands Steuerzahler war die Immobilienbank der teuerste Schadenfall der Finanzkrise. Der Bund stützte die Bankengruppe mit Kapital in Höhe von knapp zehn Milliarden Euro. 2009 wurde die HRE notverstaatlicht und anschließend zerschlagen. Die dafür gegründete staatliche Bad Bank FMS übernahm den schlechten Teil des Geschäfts und sitzt immer noch auf einem Berg von Verbindlichkeiten – im Juni 2016 waren es 183 Milliarden Euro.
Funke macht den damaligen SPD-Finanzminister Peer Steinbrück für die Krise verantwortlich. Im September 2009 hatte der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers zur Folge, dass die wechselseitige Kreditvergabe der Banken quasi über Nacht zum Erliegen kam – der HRE ging das Geld aus. „Das war die eigentliche Ursache“, sagte Funkes Verteidiger Wolfgang Kreuzer. „Ganz entscheidend war am Ende Herr Steinbrück mit der sehr unbedachten Bemerkung, die Bank müsse abgewickelt werden.“Doch Ex-Finanzminister Steinbrück ist nicht als Zeuge geladen. In der Anklage geht es lediglich darum, ob Funke und Fell die Adressaten ihrer Geschäftsberichte täuschten. Hier ist die Beweislast enorm. Laut Anklage war dem Bankvorstand die bedrohliche Lage früh klar. Im Geschäftsbericht stellten Funke und Kollegen die Lage jedoch als
„stabil“dar. (mit dpa)