Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Meditec AG zapft den Finanzmarkt an
Kapitalerhöhung für Zukäufe
Jena. Der Jenaer Medizintechnik-Hersteller Carl Zeiss Meditec beschafft sich am Kapitalmarkt frisches Geld. Wie die TecDax-Gesellschaft am Dienstag mitteilte, ist eine Kapitalerhöhung von bis zu 10 Prozent gegen Bareinlage geplant. Die bis zu gut 8,1 Millionen neuen Aktien werden in einem beschleunigten Verfahren ausschließlich institutionellen Investoren zum Kauf angeboten.
Die Aktie fiel im nachbörslichen Handel auf der Plattform Tradegate um 5 Prozent gegenüber dem Xetra-Schlusskurs. Ein Papier kostete damit zuletzt 38,95 Euro, womit die Kapitalerhöhung um die 300 Millionen Euro schwer werden dürfte. Größere Abschläge bei solchen Transaktionen sind aber üblich.
Die neuen Mittel sollen den Wachstumskurs des Unternehmens beschleunigen. «Angesichts der aktuell sehr hohen Dynamik und Konsolidierungstrends in unseren Märkten sehen wir kurz- bis mittelfristig große Chancen, unser Wachstum durch gezielte Zukäufe zu beschleunigen», sagte Unternehmenschef Ludwin Monz.
Der Hauptaktionär, die Carl Zeiss AG, werde keine Aktien im Rahmen der Kapitalerhöhung zeichnen, hieß es. Damit erhöhe sich der Streubesitz von 35 Prozent auf bis rund 41 Prozent. Die Carl Zeiss AG werde aber auch langfristig die Aktienmehrheit an der Carl Zeiss Meditec AG halten. Plaue. Unscheinbar wirkt die Einfahrt in den Mohngarten. Eigentlich ist es nur eine Anwohnerstraße – doch schlägt hier das wirtschaftliche Herz der Stadt. Neben der Sieder GmbH, deren Metier Farben, Leime und Heimwerkerbedarf sind, ist hier seit Jahrzehnten ein zweites Familienunternehmen beheimatet: die Wilhelm Siebelist GmbH & Co. KG.
„Ich führe die Firma in der vierten Generation“, sagt der sympathische Chef Michael Marquardt. Hinter ihm, an der Wand, hängt die Ahnengalerie. Allen voran natürlich Wilhelm Siebelist, der seine Lohndreherei im Jahr 1928 gründete. Seine Produkte zu vertreiben, bedeutete damals vor allem Muskelarbeit. Mit dem Fahrrad lieferte Wilhelm Siebelist Bestellungen aus – bis in dem Raum Gotha.
Als der Firmengründer plötzlich starb, übernahm Schwiegersohn Ernst Benner. Doch auch er war nur wenige Jahre bis zu seinem Tod 1945 Chef. „Für meine Großmutter Gerda Benner brachen da schwere Zeiten an“, weiß Michael Marquardt. Die junge Witwe war alleine mit drei Kindern, führte das Unternehmen aber trotzdem weiter. Der Verstaatlichung im Jahr 1972 konnte sie sich allerdings nicht widersetzen.
Dass fortan nicht mehr investiert wurde, nagte zeitlebens an der Geschäftsfrau. Und am Rest der Familie. Daher war sich der Familienrat zur Wende auch schnell einig: Wir wollen die Firma zurück!
Marquardts Onkel Heinrich Benner übernahm das Geschäft, baute um und aus, schaffte neue Maschinen an. Und, ganz wichtig: Er knüpfte neue Kontakte. Das war wichtig, denn mit der Wende waren viele Aufträge weggebrochen. Das Weimarwerk, Simson und viele andere hielten sich mit Bestellungen zurück. „Mein Onkel fand damals Partner im Hessischen“, sagt Michael Marquardt. Sie wollten nicht wie so viele andere Firmen Teilhaber werden, sondern eigene Aufträge abgeben, die sie selbst nicht stemmen konnten. Diese Geschäftsbeziehung besteht bis heute, ist Marquardt dankbar.
Er kam 1994 ins Unternehmen. „Bis 2002 habe ich als Einrichter mit in der Fertigung gestanden“, sagt der heute 53-Jährige. Damals sammelte er Erfahrungen, auf die er bis heute nicht verzichten mag. Denn er kennt nicht nur alle Maschinen, sondern auch jeden Handgriff, der am Mohngarten gemacht wird.
Rund drei Millionen Euro wurden seit der Wende in den Standort investiert. Neue Maschinen wurden gekauft. Und im Jahr der großen Krise, 2008, wurde der Grundstein für eine neue Produktionshalle gelegt.
Bauchschmerzen bereitete das Marquardt, der 2002 in die Geschäftsführung aufrückte und seit 2007 der alleinige Inhaber der Firma ist, nicht. Denn er wusste, dass die Produkte aus dem Hause Siebelist konkurrenztauglich sind. Tatsächlich: Nach dem Umzug in die neue Halle stieg die Nachfrage nach Präzisionsdrehteilen aus Plaue wieder sprunghaft an, die Krise war vorbei.
Im Sortiment finden sich klassische Schrauben, aber auch viele andere Bauteile mit Gewinde. Acht Millionen Stückteile pro Jahr werden ausgeliefert. 1500 verschiedene Produkte sind derzeit im Sortiment. Darunter riesige Chargen an Scheiben, die sich auf Radbolzen für Porsches wiederfinden. Sechs Millionen dieser Zubehörteile werden im Jahr ausgeliefert.
Die anderen Lieferungen umfassen Bauteile, die mitunter nicht dicker sind als ein Zahnstocher. Doch auch meterlange Stangen mit Bohrungen und Gewinden sind dabei. Nicht selten tüftelt der Chef mit den Kunden gemeinsam am Produkt, das später in Möbeln, Häusern, Maschinen verbaut wird.
21 Mitarbeiter hat die Siebelist GmbH. „Wir haben den schönsten Beruf der Welt“, findet Michael Marquardt. Weil er abwechslungsreich ist und alles andere als Fließbandarbeit. Davon will der Chef auch junge Menschen überzeugen. „Wir bilden aus“, betont er, dass der Firmennachwuchs aus den eigenen Reihen kommen soll.
Und auch das Wohlergehen der Mitarbeiter liegt ihm am Herzen. Nicht nur ein gutes Betriebsklima sei wichtig. Sondern auch körperliche Fitness. Darum hat er im Mohngarten sogar ein Fitnessstudio für seine Belegschaft eingerichtet.