Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Kein Zuhause, keine Integration
Unicef-Studie zeigt Probleme minderjähriger Flüchtlinge
Berlin. Adam Naber hat Flüchtlingsunterkünfte in ganz Deutschland besucht, manche waren in gutem Zustand, andere in schlechtem. Doch wenn man ihn nach einem Beispiel fragt, sagt er etwas anderes. „Ich habe eine Familie kennengelernt, die es nach Monaten geschafft hat, in eine eigene Wohnung zu ziehen.“Deren Leben habe sich sofort verbessert, es gab plötzlich einen Kitaplatz für die Kinder, die deutschen Nachbarn haben sofort geholfen. „All das wäre nicht passiert, wenn sie in einem Heim geblieben wären.“
Naber vom Bundesfachverband unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge ist Mitautor der „Studie zur Situation von Kindern und Jugendlichen in Flüchtlingsunterkünften“, die gestern in Berlin vom Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) vorgestellt wurde. Der Titel nennt das Hauptproblem: „Kindheit im Wartezustand“: Viele Flüchtlingskinder leiden in Deutschland darunter, dass sie lange in engen Sammelunterkünften mit vielen Fremden zusammenleben müssen.
Für die Studie befragte der Bundesfachverband rund 450 Mitarbeiter von Flüchtlingsunterkünften, Fachleute sowie geflüchtete Familien. Demnach gaben 22 Prozent der Asylsuchenden an, dass sie teils bis zu einem Jahr mit ihren Familien in den Massenunterkünften auf eine Weiterverteilung warteten. Das Gesetz sah vor, dass Geflüchtete nach sechs Monaten spätestens eine eigene Wohnung bekommen oder in eine Wohngemeinschaft umziehen. Jedes zehnte Kind, so Naber, sei in den Sammelunterkünften Opfer von Gewalt geworden. Problematisch ist vor allem die gemeinsame Unterbringung von Familien mit alleinstehenden Männern. Die Unterkunft in Flüchtlingsheimen stehe vielfach auch dem Zugang zu Kitas und Schulen im Weg. Dies hemme wiederum die Integration der Eltern, da Kinder schnell Deutsch lernen und so die Integration der ganzen Familie fördern könnten. (sök)