Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Jakobsweg war gestern
Wer keine Lust auf Massenpilgern hat, der sollte in das spanische Caravaca de la Cruz reisen
wurde aber 1934 gestohlen und tauchte nie wieder auf. „Da die Verehrung des Lignum Crucis, des wahren Christus-Kreuzes, jedoch so tief in der Bevölkerung verankert war, schickte uns Papst Pius XII. 1942 zwei kleine Splitter vom Jesus-Kreuz des Vatikans“, erzählt Priester Emilio Andrés Sánchez Espin. Er ist Rektor der Real Basílica de la Vera Cruz, in der heute die Reliquie aufbewahrt wird. Die Nachricht über das Kreuz mit dem wichtigen Splitter verbreitete sich im 13. Jahrhundert schnell. Wenige Jahre später besetzten die Tempelritter Caravaca, um das Kreuz vor den muslimischen Feinden zu schützen. Die Erzählungen, wie mit dem Kreuz Kranke geheilt wurden, zogen nicht nur Pilgermassen an. Zahlreiche christliche Orden gründeten im 16. und 17. Jahrhundert Klöster in Caravaca. So beeindruckt die Altstadt heute noch mit einem prachtvollen Kirchenensemble. Besonders die Renaissancekirche El Salvador sticht heraus.
„Das Kreuz von Caravaca ist auf der ganzen Welt bekannt, vor allem in Südamerika“, sagt Gloria Gómez Sánchez, Stadträtin für Tourismus. „Doch kaum jemand weiß, wo Caravaca liegt.“Das werde sich mit den Heiligen Jahren nun hoffentlich ändern. Zum „Heiligen Jahr 2017 will man die Besucher mit Konzerten, Ausstellungen, Theater und gastronomischen Volksfesten anlocken.
Die meisten Touristen kommen im Mai, um das über 600 Jahre alte Weinpferde-Fest und das Mauren-und-Christen-Fest zu sehen, bei dem die alten Religionsschlachten nachgespielt werden. Doch nur wenige Tausend echte Pilger verirren sich nach Caravaca. Massenaufläufe wie in Santiago de Compostela sind hier nicht zu erwarten.
Es spricht sich aber herum, dass Papst Johannes Paul II. Caravaca sogar ein Heiliges Jahr „in perpetuum“bewilligt hat. Das heißt: Man erhält auch außerhalb des Heiligen Jahres einen vollständigen Sündenerlass,
Renaissancekirche El Salvador sticht heraus
wenn man mit mindestens zwei weiteren Personen zur Reliquie pilgert.
Um Caravaca als Pilgerort attraktiver zu machen, sollen in den kommenden Jahren bis zu neun verschiedene Pilgerrouten in der Region Murcia wieder gekennzeichnet werden. Sie gerieten in den vergangenen Jahrhunderten in Vergessenheit – auch der 900 Kilometer lange Camino de la Vera Cruz, der Weg zum wahren Kreuz.
Ein obligatorischer Stopp für alle Pilger und Reliquien-Touristen ist Mula. Im Kloster de la Encarnación hüten die Ordensschwestern neben einem Splitter des Jesus-Kreuzes, einer Kordel, mit der Christus ans Kreuz gebunden wurde, und einem Stein vom Kreuzigungsort sogar einen Dorn von Jesus Dornenkrone. Bis vor Kurzem zeigten die Schwestern ihren Schatz nur ein einziges Mal im Jahr. Doch mit dem Heiligen Jahr konnte man die Nonnen überzeugen, die Reliquien permanent für die Caravaca-Pilger auszustellen. Vielleicht darf sich ja auch Mula schon bald in die Liste der Heiligen Stätten einreihen. (dpa)