Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Sie brauchen einander
Einen Durchbruch bei den Problemen in der Ukraine, in Syrien oder in Libyen hat niemand ernsthaft erwartet. Doch das Gespräch ist ein Wert an sich. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es verstanden, sich als Klartext-Rednerin zu präsentieren, ohne die große Moralkeule zu schwingen. Merkel und Kremlchef Wladimir Putin kennen und respektieren sich, können sich Meinungsverschiedenheiten ins Gesicht sagen.
Dass bei der Lösung der Ukraine-Krise das Rad nicht neu erfunden werden muss, wissen beide. Merkel wies zu Recht darauf hin, dass an der Umsetzung des Minsker Abkommens kein Weg vorbei führt. Die Schritte sind klar: Entflechtung der Konfliktparteien, Waffenstillstand, Teilautonomie im Osten der Ukraine, lokale Wahlen.
Dass dies funktionieren kann, wenn der politische Wille vorhanden ist, das zeigte sich zuletzt im September zu Beginn der Schulferien. Die Kämpfe gingen fast auf null zurück, weil die Streithähne ein Interesse daran hatten.
Die Kanzlerin weiß, dass Putin der Schlüssel zumindest für die Entschärfung der Konflikte ist. Umgekehrt schätzt dieser die Rolle Merkels als vielleicht unbequeme, aber verlässliche Partnerin in der EU.
Diese Kalkulierbarkeit ist für den russischen Präsidenten umso wertvoller, nachdem sich USPräsident Donald Trump nicht als Hoffnungsträger für eine russisch-amerikanische Annäherung entpuppt hat.
Merkel und Putin brauchen einander.