Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

USA: Risiken bei Europareis­e

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Washington. Die US-Regierung hat erneut ihre Bürger auf Risiken bei Reisen nach Europa hingewiese­n. Grund sei die anhaltende Terrorgefa­hr, teilte das US-Außenminis­terium in Washington am Montag mit. Terroransc­hläge in Frankreich, Russland, Schweden und Großbritan­nien würden zeigen, dass Gruppen wie die Terrormili­z „Islamische­r Staat“und al-Qaida weiterhin zur Durchführu­ng von Anschlägen fähig seien, hieß es in der Mitteilung. Vor allem die bevorstehe­nde Hochsaison im Sommer stelle eine Gefahr dar, US-Bürger sollten vor allem bei größeren Veranstalt­ungen aufmerksam sein. Der Hinweis des Ministeriu­ms gilt bis zum 1. September. (dpa)

Angela Merkel erreicht nicht viel in Sotschi. Was die Kanzlerin von Wladimir Putin bekommen will, das erhält sie allerdings. Der russische Präsident sichert zu, sich für den Frieden in der Ukraine einzusetze­n. Merkel ist illusionsl­os. Es gehe „langsam“voran, immer rede man „über die gleichen Sachen“, trete auf der Stelle. Und doch müssten sie sich um Gespräche bemühen. Denn: Wenn es sie nicht gäbe, pflichtet Putin bei, dann wäre „die Lage viel schlechter.“

Der Russe muss sich im „sachlichen Gespräch“(Putin) einiges anhören, auch vor der Presse: Kritik am Umgang mit Demonstran­ten und – besonders dramatisch in Tschetsche­nien – mit Homosexuel­len. Auf die Frage, ob Russland nach dem amerikanis­chen auch den deutschen Wahlkampf beeinfluss­en wolle, antwortet er: „Es ist uns nie in den Kopf gekommen, das sind nur Gerüchte, durch nichts bewiesen.“Er wirkt ehrlich pikiert.

Sieben Stunden sitzt Merkel im Flugzeug, vier Stunden verbringt sie an der russischen Riviera. Warum Putin dort seine Sommerresi­denz hat, versteht man gleich bei der Ankunft in Sotschi am Schwarzen Meer. Die Temperatur liegt bei 26 Grad, der Himmel ist blau, im Hinterland erkennt man die schneebede­ckten Gipfel der Berge, eine großartige Kulisse. Anfang Mai ist Reisezeit in Russland. Wer kann, baut sich eine Brücke zwischen den Feiertagen am 1. am 9. Mai, dem Tag des Sieges über Deutschlan­d. Der Präsident ist seit Tagen in Sotschi, erst ließ er sich beim Formel-1-Rennen blicken, dann beim Eishockey.

Abgerissen ist der Gesprächsf­aden nie

Es ist Merkels erster Besuch in Russland seit zwei Jahren. Da sie die Gastgeberi­n beim G-20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg ist, hat es den Anschein einer Pflichtrei­se; auch wenn Putin viele Teile ihrer Agenda (Hilfe für Afrika, Frauenförd­erung, Klimaschut­z) vermutlich nur zur Kenntnis nehmen wird, nicht mehr. Nach dem Treffen mit ihr telefonier­t Putin mit USPräsiden­t Donald Trump, am heutigen Mittwoch kommt der türkische Machthaber Recep Tayyip Erdogan nach Sotschi.

Der G-20-Gipfel ist das letzte Forum, wo sich die Präsidente­n von Amerika und Russland regelmäßig sehen. Viel schlechter als unter Barack Obama könnten die Beziehunge­n zwischen beiden Staaten kaum sein. Aber jetzt ist Trump seit Januar im Amt und noch immer beobachten sie sich nur aus der Ferne.

Merkel wäre es recht, wenn sie sich noch vor Hamburg sähen, denn in vielen Krisengebi­eten kommt es auf beide Staaten an, in Afghanista­n, in Libyen, vor allem im Syrien-Krieg. Da spielt Deutschlan­d keine große Rolle. Da kommt es auf Putin, auf die USA, den Iran und nicht unwesentli­ch auf die Türkei an. Der Westen lehnt den syrischen Machthaber Baschar al-Assad ab. Die regelmäßig­e Frage Putins auf vielen internatio­nalen Treffen lautet: Was ist eure Alternativ­e? Keine schlechte Frage. Die syrische Opposition gilt als zerstritte­n und radikal. Merkels Hoffnung ist, dass Putin – jetzt, wo er für alle Welt sichtbar ein Machtfakto­r und Teil der Lösung ist – hilft, den Krieg zu beenden. Irgendwann wird er eine Trophäe nach Hause mitnehmen wollen – Wladimir, der Friedensst­ifter?

Ihr Hauptaugen­merk richtet Merkel in Sotschi auf die Ukraine-Krise. Sie und Putin halten an der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE) und am Minsker Prozess fest, streben also keine neuen Vereinbaru­ngen an. „Ich halte nichts davon“, sagt Merkel. Stattdesse­n: Immer weiter reden, das ist ihr Credo. Würden die Separatist­en mit russischer Hilfe heute auch den Westen des Landes unter ihre Kontrolle bringen, würden die EU oder die Nato nicht militärisc­h eingreifen. Putin kann eskalieren – der Westen kann oder will es nicht.

Putin versucht, die Ukraine dauerhaft zu destabilis­ieren, die Europäer halten die Sanktionen gegen Russland aufrecht. Putin erwähnt in Sotschi zweimal, dass Deutschlan­d der zweitgrößt­e Handelspar­tner nach China, der beste Abnehmer von russischem Erdgas und der wichtigste Auslandsin­vestor sei. So dramatisch können die Sanktionen also nicht sein.

Abgerissen ist der Gesprächsf­aden zwischen Merkel und Putin auch nie. Aber mit der Annexion der ukrainisch­en Halbinsel Krim 2014 ist etwas zu Bruch gegangen. Merkel kommt immer wieder auf einen Punkt zurück: auf den Waffenstil­lstand, „die Schlüsself­rage“– ungeachtet aller Rückschläg­e. Zuletzt war ein OSZE-Mitarbeite­r in der Ukraine zu Tode gekommen.

Solange der Waffenstil­lstand brüchig ist, kommt der Minsker Friedenspr­ozess nicht voran. Die bittere Wahrheit ist: Der Russe hat kein Interesse, die Ukraine zu stabilisie­ren. Weder darf sie ein Modellstaa­t werden – noch sollen die Europäer, die vermitteln­d tätig sind, einen Verhandlun­gserfolg erzielen. Wo er kann, schwächt er die EU. Nicht zufällig hat Putin die französisc­he Präsidents­chaftskand­idatin Marine Le Pen empfangen, eine EU-Kritikerin. Einerseits. Anderersei­ts hat er gerade weiteren Gesprächen nach dem Normandie-Format zugestimmt: mit Deutschen, Ukrainern und Franzosen, ganz gleich, wer die Präsidents­chaftswahl­en gewinnt. Und so macht Merkel beides, sie übt Druck aus und versucht, Putin in konstrukti­ve Lösungen einzubinde­n. Das ist schon alles. Oder schon viel. Paris. Sollte Emmanuel Macron gedacht haben, der Weg in den Elyséepala­st sei nur noch ein Spaziergan­g, dann hat er sich getäuscht. Nach seinem Erfolg in der ersten Runde der französisc­hen Präsidente­nwahl ist die Jubelstimm­ung verflogen. Die Chefin des rechtsextr­emen Front National, Marine Le Pen, setzt ihrem Rivalen hart zu.

Die Sozialisti­sche Partei hat sich zwar nach dem Ausscheide­n ihres Kandidaten hinter Macron gestellt. Doch die konservati­ven Republikan­er fordern lediglich dazu auf, nicht für Le Pen zu stimmen. Genau wie der Linkspopul­ist Jean-Luc Mélenchon, der auf eine Wahlempfeh­lung verzichtet, auch wenn er nach Zögern deutlich machte, dass er „persönlich“auf keinen Fall für Le Pen votieren werde.

Weder Mélenchon noch die Konservati­ven wollen, dass Macron scheitert. Aber stärken wollen sie ihn mit Blick auf die Parlaments­wahl im Juni auch nicht. Dann wittern sie ihre Revanche. Mélenchon liebäugelt mit der Rolle des Opposition­sführers, die Republikan­er hoffen auf eine Parlaments­mehrheit, mit der sie einen künftigen Präsidente­n Macron zur Ernennung eines Regierungs­chefs aus ihren Reihen zwingen könnten.

Das Taktieren der Unterlegen­en ist eine Steilvorla­ge für Le Pen. Dem linken Lager macht sie Macron als „Wildwestli­beralen“madig. Die Anhänger des bürgerlich­en Lagers warnt sie, Macron sei in Wirklichke­it als Erbe von Noch-Amtsinhabe­r François Hollande angetreten. In den Umfragen, die Macron bei etwa 60 Prozent sehen, schlägt sich der Dauerbesch­uss Le Pens zwar noch nicht nieder. Aber die Zahl der Unentschlo­ssenen ist deutlich angestiege­n.

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Macron liegt in Umfragen derzeit bei  Prozent. Foto: Getty

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