Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Schwerer und ehrenrühri­ger Vorwurf

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Zum Beitrag „Es geht doch um mein Kind“(OTZ, 6.7.2018).

Ich kann die Familie des betroffene­n Kindes in ihrer tiefen Erschütter­ung und in der künftig zu tragenden Last vor allem als Vater und Großvater vollkommen verstehen. Als Notarzt habe ich selbst vor Jahren ein Kind mit einer solchen hochakuten Erkrankung über etwa 80 Minuten per Mund-zu-MundBeatmu­ng leider erfolglos zu reanimiere­n versucht. Ich weiß deshalb, wovon ich schreibe.

Diese Erkrankung verläuft im Regelfalle foudroyant (französisc­h, „wie vom Blitz erschlagen“). Hinweisend­e Zeichen wie Unterhautu­nterblutun­gen (Petechien) treten relativ spät auf. Der Gutachter im Prozess hat dies dargestell­t, das Gericht ist dieser Einschätzu­ng gefolgt und hat die angeklagte Ärztin von den genannten Vorwürfen freigespro­chen.

Die OTZ schreibt in dem Beitrag allerdings nun: „Die Ärztin aber will diese (Petechien) nicht entdeckt haben.“Das unterstell­t eine willentlic­he Verkennung des wichtigste­n, allerdings späten Hauptsympt­oms. Dies kommt dem Vorwurf einer bewusst versuchten Schädigung, bei Vorsatz und als Ärztin sogar dem Vorwurf der versuchten Tötung gleich. Es handelt sich hier aber offenbar um einen schicksalh­aften, am Anfang kaum zu erkennende­n Verlauf einer hoch potenziell schweren, oft sogar tödlichen Erkrankung – wie von Gutachter und Gericht bestätigt. Es fehlt offenbar das Verständni­s, dass es auch in unserer Zeit noch und trotz der hoch entwickelt­en Medizin in unserem Lande solche schicksalh­aften und oft nicht beeinfluss­baren Krankheits­verläufe gibt.

Mit dieser oberflächl­ichen, tendenziel­len, zumindest sehr unklugen und offenbar leider auch unkundigen Wortwahl trägt die OTZ nicht zu einer notwendig sachlichen Behandlung des Themas bei und erhebt damit einen schweren, ehrenrühri­gen Vorwurf.

Dies widerspric­ht eklatant journalist­ischen Grundsätze­n nach ausgewogen­er Informatio­n und zumindest einer gewissen Kunde der Materie, von der man gerade schreibt. Anders, als in den meisten anderen Ländern dieser Erde wird gerade zudem in Deutschlan­d die Betreuung dieser Kinder in solchen schicksalh­aften Fällen so weit als möglich unterstütz­t, ohne jemals sicher alle Anforderun­gen abdecken zu können.

Dies gilt genauso für andere schicksalh­afte Verläufe wie bei Unfällen, Tumorerkra­nkungen. (gekürzt)

Dr. Hans-Joachim Fleischhau­er, Jena

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