Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Der Esel gibt das Tempo vor
Nicht nur die Gäste der Wanderherberge in Dörflas gehen mit Franz und Milano auf Tour
Dörflas. Urlaub einmal anders: Die Familien Rodemann aus Berlin und Bytyqi aus dem Großraum München wollten gemeinsam in die Ferien fahren und trafen sich auf halber Strecke: In der Wanderherberge „Wiesenhaus“im entlegenen Crispendorfer Ortsteil Dörflas. „Wir haben das Haus im Internet gefunden und uns für dieses entschieden, weil hier auch Eselwanderungen angeboten werden. Ich bin als Kind mal mit dem Esel zur Wartburg hoch geritten und erinnere mich gern daran“, sagte Dörthe Rodemann, die mit Mann und drei Töchtern nach Dörflas kam und die Bytyqis vom gemeinsamen Hobby Reiten kennt. Der achttägige Aufenthalt erinnern etwas an die Ferien, die ältere Menschen in ihrer Kindheit erlebten. Hier gibt es kein Mobilfunk und Internet. Abends hört man die Grillen, morgens die Vögel, tagsüber ist es sehr ruhig hier. „Wir können hier prima entschleunigen, spielen Spiele und lesen Bücher. Natürlich machen wir auch Fotos mit unseren Smartphones und checken unsere Nachrichten, wenn wir mal in der Stadt sind wie bei unseren Besuchen in Schleiz oder in den Saalfelder Feengrotten“, erzählt die 15-jährige Filisha Bytyqi.
Abseits von großen Siedlungen genießen die Großstädter die Ruhe und Natur. Am Montag haben sie mit ihrem Vermieter und Wanderführer Matthias Kindel, der ihnen morgens frische Brötchen aus Schleiz mitbringt, eine Kräuterwanderung unternommen. „Selbst bei dieser Trockenheit kann man am Ufer der Wisenta Brunnenkresse finden und im Fluss die Forellen beobachten“, erzählt Matthias Kindel, während er am Dienstag die beiden 16-jährigen Esel namens Franz und Milano mit dem Tagesgepäck der Gäste bestückt. Die Urlauber haben pro Person eineinhalb Liter Wasser eingepackt.
„Ich habe die Esel vor zwölf Jahren erworben. Sie kommen mit diesem heißen Sommer gut zurecht, zumal zwei Drittel unserer Tour durch Waldgebiete führt“, sagt Wanderherbergsinhaber Kindel.
Los geht die 8,5 Kilometer lange Tour, die an Walsburg vorbei über Liebschütz und unterhalb der Ziemestalbrücke zur Burgruine Wysburg bei Weisbach führt. Aliza steigt auf Esel Franz auf, Danika setzt sich bei Milano in den Sattel .
„Der Esel gibt das Tempo vor. Wie sonst im Leben auch. Die Tiere laufen über Stock und Stein vier Kilometer pro Stunde, bergauf etwas langsamer. Zwischendurch gibt es einen 100 Meter langen Aufstieg mit 80 Grad Steigung. Das ist kein Spaziergang“, erklärt Matthias Kindel.
Den fünf Mädchen im Alter von sieben bis 15 Jahren und ihren Eltern machte diese Wanderung großen Spaß. „Das Schöne ist, wir können unbeschwert wandern und müssen keinen Rucksack tragen. Gerade bei dieser Hitze“, sagt Daniela Bytyqi, eine der beiden mitwandernden Mütter.
Nach achteinhalb Stunden inklusive Pausen sind die Teilnehmer wieder in Dörflas zurück. Weil die Gaststätte in Liebengrün Ruhetag hatte, gab eine Anwohnerin den Wanderern Leitungswasser mit auf den Weg. Im Fuchsbau in Walsburg konnte sich die Wandergruppe erfrischen. „Die Eselwanderungen werden nicht nur von meinen Feriengästen gebucht, sondern auch von Leuten aus der Umgebung“, erzählt Matthias Kindel. Auf wie viele Touren er im Jahr kommt, habe er nicht gezählt.
Im Jahr 2004 hat Kindel mit seiner Frau das Objekt unterhalb von Dörflas erworben, seit 2006 machen Feriengäste in seiner Wanderherberge Urlaub. Nun ist er dabei, ein Nachbargebäude neu zu bauen. „Das wird noch zwei bis drei Jahre dauern, denn ich führe die Arbeiten selbst durch“, so Matthias Kindel.
Urlaub ohne Mobilfunk und Internet